Sensation – Ärzte heilen Patienten (53) von HIV und Krebs 

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DüsseldorfSensation – Ärzte heilen Patienten (53) von HIV und Krebs 

Der Mann, der in Düsseldorf behandelt wurde, ist erst der dritte Mensch weltweit, bei dem der neuartige medizinische Eingriff gelang. Er gilt inzwischen als vollständig geheilt. 

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Mit einer Stammzellentransplantation ist ein Mann in Düsseldorf sowohl von Blutkrebs als auch von HIV geheilt worden. 

Mit einer Stammzellentransplantation ist ein Mann in Düsseldorf sowohl von Blutkrebs als auch von HIV geheilt worden. 

Reuters/Eliseo Fernandez
Es ist der dritte Fall weltweit, in dem eine solche Heilung gelang. Bild: Grafik einer vom HI-Virus befallenen Zelle. 

Es ist der dritte Fall weltweit, in dem eine solche Heilung gelang. Bild: Grafik einer vom HI-Virus befallenen Zelle. 

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Da die Behandlung jedoch höchst riskant ist, wird sie nur in extremen Fällen eingesetzt – beispielsweise bei HIV-Patienten, die an Krebs erkrankt sind. 

Da die Behandlung jedoch höchst riskant ist, wird sie nur in extremen Fällen eingesetzt – beispielsweise bei HIV-Patienten, die an Krebs erkrankt sind. 

REUTERS

Darum gehts 

  • Ärzten im deutschen Düsseldorf ist eine medizinische Sensation gelungen. 

  • Sie schafften es, einen Patienten vollständig vom Krebs und vom HI-Virus zu befreien. 

  • Die Forscher erhoffen sich, dass der riskante Eingriff künftig auch bei Infizierten ohne Krebs eingesetzt werden kann. 

Zum dritten Mal weltweit ist es gelungen, einen krebskranken HIV-Patienten mithilfe einer Stammzellentransplantation von beiden Erkrankungen zu heilen. Das berichten Mediziner des Universitätsklinikums Düsseldorf im Fachblatt «Nature Medicine». Nachdem eine derartige Therapie bereits beim «Berliner Patienten» und beim «Londoner Patienten» erfolgreich angewandt wurde, hofft das Forschungsteam auf Behandlungsmöglichkeiten auch für HIV-Infizierte ohne Krebs und setzt dabei auf gentherapeutische Ansätze. Unabhängige Experten sehen allerdings noch gravierende Hindernisse.

Genmutierte Zellen sind immun gegen HIV

Bei dem «Düsseldorfer Patienten» war 2011 drei Jahre nach seiner HIV-Diagnose eine akute myeloische Leukämie – eine Form von Blutkrebs – festgestellt worden. 2013 erhielt er eine Stammzellentransplantation. «Ziel der Transplantation war von Beginn an, sowohl die Leukämie als auch das HI-Virus in den Griff zu bekommen», erklärte Guido Kobbe von der Uniklinik Düsseldorf, der den Eingriff durchführte.

Die Stammzellen verfügten – wie auch jene zweier vergleichbarer Fälle aus Berlin und London – über eine spezifische Genmutation namens CCR5-Delta32. Diese Mutation, die vor allem bei Menschen aus Nord- und Mitteleuropa vorkommt, insgesamt aber sehr selten ist, sorgt für das Fehlen einer Andockstelle für HIV auf den Immunzellen. Ohne eine solche Andockstelle findet das Virus keine Eintrittspforte und kann die Zellen nicht infizieren, was Träger der Mutation nahezu resistent gegen den Erreger macht.

«Düsseldorfer Patient» gilt als vollständig geheilt 

Die mehrjährige Überwachung des Patienten belegte nun den anhaltenden Erfolg des Eingriffs: Heute sprechen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von einer vollständigen Heilung des mittlerweile 53-Jährigen.

Björn Jensen, Teil des internationalen Ärzteteams, bilanzierte: «Wir können nach unserer intensiven Forschung jetzt bekräftigen, dass es grundsätzlich möglich ist, durch Kombination von zwei wesentlichen Methoden die Vermehrung des HI-Virus nachhaltig zu unterbinden.» 

Eine solche Therapie ist derzeit allerdings nur für wenige Patienten möglich: Zum einen, weil die Zahl geeigneter Spender mit der Mutation so gering ist. Zum anderen, weil eine Stammzellentransplantation aufgrund der vielen Risiken nur im Rahmen der Behandlung anderer lebensbedrohlicher Erkrankungen, wie eben Krebs, eingesetzt werden kann.

Einsatz bei Nicht-Krebserkrankten bleibt unrealistisch

Das Forschungsteam hofft daher, dass die Studie Möglichkeiten aufzeigt, HIV künftig auch durch Transplantation geneditierter Stammzellen für Infizierte ohne Krebs zu behandeln. Dabei würde die Mutation beispielsweise durch den Einsatz von Genscheren wie Crispr/Cas eingefügt und mit Strategien kombiniert, die die HIV-Reservoire im Körper reduzieren.

Bis dahin ist es nach Ansicht von Jürgen Rockstroh vom Uniklinikum Bonn allerdings noch ein weiter Weg. Eine Ausweitung des Therapieansatzes auf HIV-Infizierte ohne Krebs bleibe erst einmal unrealistisch. 

Wie Toni Cathomen vom Universitätsklinikum Freiburg ergänzte, haben HIV-Infizierte mit gut eingestellter Therapie inzwischen allerdings ohnehin eine ähnlich hohe Lebenserwartung wie die Normalbevölkerung: Das Risiko, das zurzeit mit einer Stammzelltransplantation verbunden sei, sei seines Erachtens für «gesunde» HIV-Infizierte daher derzeit nicht vertretbar. Das könne sich aber künftig ändern, so der Molekularbiologe. Denn: «Im Gegensatz zur konventionellen HIV-Therapie, die lebenslang eingenommen werden muss, verspricht der genetische Ansatz nach einmaligem Einsatz der Genscheren eine Heilung, das heisst, eine komplette Remission, und damit das Absetzen der antiretroviralen Therapie.»

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(dpa/fis)

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