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Aufklärung«Sexerziehung gehört in den Kindergarten»

Kinder kennen keine Sexualmoral: Buben packen im Kindergarten ihren Zipfel aus und stellen schwierige Fragen. Nun fordern Experten, mit der Aufklärung bereits im Kindergarten zu beginnen.

von
Adrian Müller

Warum habe ich ein Schnäbi und die Kindergarten-Kollegin nicht – oder wieso hat die Mama plötzlich so einen dicken Bauch? Solche Fragen stellen sich Kindergärtler – und sollen nun darauf professionelle Antworten erhalten. Titus Bürgisser, Leiter Sexualpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz (PHZ), will Sexualerziehung bereits in Kindergärten einführen. Er erarbeitet mit weiteren Experten die Lehrpläne für die Deutschschweiz, welche momentan neu konzipiert werden, berichtet die «NLZ». Der frühzeitige Sexualunterricht würde zudem sexuellem Missbrauch vorbeugen, da die Kinder früh lernten, dass der Körper ihnen gehört.

Kinder kennen keine Moral

«Jungs stellen im Kindergarten unverblümt ihren Zipfel zur Schau und Mädchen lassen ihre Hand in die Unterhose wandern – kleine Kinder kennen noch keine Moral», erklärt Bruno Wermuth, Sexperte von 20 Minuten Online.

Er begrüsst, dass kindliche Sexualität und Sexualerziehung im Kindesalter ein Thema wird: «Sexerziehung gehört in den Kindergarten». Jedoch müsse dabei anders vorgegangen werden, als in der Arbeit mit Jugendlichen. «Kindergartenkinder wollen nicht im Stuhlkreis über Sexualität reden. Sie leben sie, beispielsweise in Doktorspielen, indem sie sich gegenseitig an den Geschlechtsorganen untersuchen.» Mit solchen Situationen müsse eine Mitarbeiterin einer Kindertagesstätte oder eines Kindergartens umgehen können, ohne panisch zu werden, betont Wermuth.

Genau das sei aber oft nicht der Fall. Denn: «Die meisten Erwachsenen haben grosse Hemmungen, mit Kindern über Sex zu reden oder mit sexualisierten Situationen umzugehen. Aus Angst, schlafende Hunde zu wecken. Und weil sie ihre Vorstellung von Sexualität unter Erwachsenen auf die Kinder projizieren.»

Bilderbücher tuns auch

Dies zielt an den Bedürfnissen der Kinder vorbei: «Für Kleinkinder ist es wichtig, von Beginn an ein gutes positives Körpergefühl erleben zu dürfen», dennoch sei auch in Kindertagesstätten Sexualerziehung eher tabu, sagt Marie-Jeanne Metz, Kleinkinderzieherin an der Kita Schönegg in Bern. «Wenn etwa Geschlechtsteile zu benennen sind, treten bereits grosse Unsicherheiten auf». Hierbei sei eine Rücksprache mit den Eltern unumgänglich.

Kinder sollen Fragen selber stellen

Dies denkt auch Annemarie Gerber, Mutter eines sechsjährigen Knaben. Für sie liegt die Verantwortung der Frühaufklärung bei den Eltern. «Kinder müssen von sich aus Fragen stellen», das Thema sei nicht progressiv zu thematisieren. «Dies kann die unschuldigen Knirpse erschrecken», meint die Mama.

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