Cybermobbing: «Sie verprügelten mich und stellten Videos ins Internet»

Publiziert

Cybermobbing«Sie haben mich verprügelt und Videos davon ins Internet gestellt»

Aaron O. wurde als Kind gemobbt. Das Internet hat alles nur noch schlimmer gemacht. Heute wünscht er sich, dass Eltern und Lehrer genauer hinschauen würden.

1 / 7
Aaron O. wurde in der Schule gemobbt. Noch heute denke er manchmal daran. 

Aaron O. wurde in der Schule gemobbt. Noch heute denke er manchmal daran. 

privat 
Cybermobbing betrifft gemäss einer Studie elf Prozent der Elf- bis 15-Jährigen. (Symbolbild)

Cybermobbing betrifft gemäss einer Studie elf Prozent der Elf- bis 15-Jährigen. (Symbolbild)

imago images/Panthermedia
Die nationale Plattform Jugend und Medien hat diese Woche in Zusammenarbeit mit Pro Juventute die Kampagne «Not a Joke – Gib Mobbing keine Chance» gestartet. (Symbolbild)

Die nationale Plattform Jugend und Medien hat diese Woche in Zusammenarbeit mit Pro Juventute die Kampagne «Not a Joke – Gib Mobbing keine Chance» gestartet. (Symbolbild)

imago/Revierfoto

Darum gehts

  • Cybermobbing wird in der Schweiz zunehmend zum Problem.

  • Mehr als jeder zehnte Teenie gab kürzlich in einer Studie an, in den letzten Monaten online gemobbt worden zu sein. 

  • Auch die 20-Minuten-Community hat schlechte Erfahrungen gemacht mit Cybermobbing. 

  • Zwei Betroffene berichten – und fordern mehr Unterstützung für Opfer. 

Alles fing an, als Aaron O., heute 24, an eine neue Schule wechselte. Da kam er in die zweite Klasse. «Als Neuer hat man es an einer Schule nie leicht. Ich weiss nicht, wieso, aber eine Gruppe Jungs hatte mich als ihr Opfer ausgesucht», erzählt er. Auf dem Pausenplatz und dem Schulhof mobbten die Schüler ihn, verprügelten ihn mehrfach.

Für Aaron eine schwierige Zeit. «Als dann Facebook aufkam, wurde alles nur noch schlimmer, es ist völlig eskaliert. Mir schlug unglaublich viel Hass entgegen, sie beschimpfen mich online auf den Profilen und in Direktnachrichten.» Auch ein Video, wie Aaron verprügelt wird, stellten seine Mobber auf Facebook. «Plötzlich war die Demütigung nicht mehr nur während der Schulzeit präsent, sondern dauerhaft. Facebook ermöglichte es meinen Mobbern, sich jederzeit an mir auszulassen.»

«Andere leiden ein Leben lang unter Mobbing» 

Als Aaron die Schule verliess, besserte sich seine Situation. Noch heute denke er aber manchmal über die Zeit nach. «Mit der Zeit steht man darüber. Und trotzdem: Andere leiden ein Leben lang unter Mobbing im Kindheitsalter. Vielen, die als Kinder oder Jugendliche mobben, ist vermutlich gar nicht bewusst, was sie damit auslösen. Das ist ein grosses Problem.»

Aaron glaubt, dass das sogar noch schlimmer geworden ist: «Wir bekamen noch mit 14 unser erstes Handy. Heute haben schon Achtjährige Smartphones, sie sind sich der Konsequenzen ihres Handelns vermutlich noch viel weniger bewusst.» Das Internet vergesse nie: «Ich habe am eigenen Leib erfahren, was es heissen kann, wenn jemand Unwahrheiten verbreitet oder eine Hetzkampagne gegen einen fährt. Das bringt nicht nur soziale Ächtung mit sich, sondern kann einen auch die Lehrstelle oder den Arbeitsplatz kosten.»

«Eltern schieben die Verantwortung auf die Schule ab»

Aaron erzählt seine Geschichte, um andere darauf aufmerksam zu machen, was Mobbing im jungen Alter auslösen kann. «Und ich hoffe, dass Eltern, Lehrer, aber auch die Polizei heute genauer hinschauen. Ich ging damals mit meinen Eltern auch zur Polizei, doch die konnten nichts machen.» Heute schieben viele Eltern laut Aaron die Verantwortung auf die Schule ab. «Doch auch die Lehrer können nicht immer hinschauen. Wir müssen gemeinsam weiterkommen, Aufklärung betreiben und verhindern, dass es Menschen so geht wie mir. Denn nicht alle kommen so gut darüber hinweg», sagt Aaron.

Hast du auch schon Mobbing erlebt? 

Auch eine Leserin Anfang dreissig erlebte auf Facebook Cybermobbing. «Im Dezember veröffentlichte eine Frau persönliche Daten von mir und meiner Familie wie Wohnadresse, Namen und Arbeitsort in verschiedenen Facebook-Gruppen. Sie behauptete auch, mein Mann hätte Kinder mit einer anderen Frau, was nicht stimmt. Viele Leute haben mich daraufhin angerufen.» H. hat daraufhin Facebook gelöscht. Aber die Frau habe offline weiter gegen sie gehetzt und Gerüchte verbreitet.

«Sie hat mir den Tod gewünscht»

Eine Frau hätte Interesse am Grundstück von H. gehabt. Da sie es nicht bekam, sei sie eifersüchtig und terrorisiere H. und die Familie. «Die Frau kam täglich mehrmals vor mein Haus und schrie, ich solle sterben. Das hat mich so sehr fertiggemacht, dass ich Depressionen bekam.» Seit Dezember hat H. aus Angst ihr Haus im Kanton Luzern nicht mehr verlassen. Sie bekam Depressionen und es ging ihr zunehmend schlechter. «Ich kann meine vier Kinder nicht mehr zur Schule begleiten und musste alle Termine absagen», offenbart H.

Sie meldete die Vorfälle bei der Polizei und konsultierte den Rechtsschutz ihrer Hausratsversicherung. Doch sie fühlte sich nicht ernst genommen: «Die Behörden sagten mir, dass sie nichts tun könnten, erst wenn mich die Frau körperlich angreifen würde.» Die Luzernerin kritisiert, dass es bei Cybermobbing keine Sanktionen gebe und wünscht sich, dass die Frau eine Busse kassiert, die schmerzt, sodass der Terror endlich aufhöre.

Gemäss einer Studie von Sucht Schweiz gaben elf Prozent der Elf- bis 15-Jährigen an, in den letzten Monaten im Internet gemobbt worden zu sein. Rund fünf Prozent der Schülerinnen und Schüler gaben an, in den letzten Monaten eine andere Person gemobbt zu haben.

Keine News mehr verpassen

Mit dem täglichen Update bleibst du über deine Lieblingsthemen informiert und verpasst keine News über das aktuelle Weltgeschehen mehr.
Erhalte das Wichtigste kurz und knapp täglich direkt in dein Postfach.

Deine Meinung