Aktualisiert

Olympia-RückblickSiege, Dramen und eine Beinahe-Verhaftung

Für unseren Sportredaktor waren London 2012 die ersten Olympischen Sommerspiele. Das hiess für ihn: wenig Schlaf, viele Emotionen und ein Rencontre mit der Polizei.

von
Herbie Egli
London

Was viele befürchtet hatten, ist ausgeblieben. Der Verkehr brach nicht zusammen, die U-Bahn funktionierte reibungslos und brachte einen «on time» an die verschiedenen Wettkampfstätten. Medienvertreter, die weitere Wege in Kauf nehmen mussten, waren in den legendären Londoner Doppelstock-Bussen, die von einem Hub am Russell Square aus in alle Himmelsrichtungen fuhren, ebenfalls gut aufgehoben. Dafür mussten wir Journalisten, anders als in Vancouver, jedes Mal den Sicherheits-Check über uns ergehen lassen, wenn wir einen Wettkampf besuchen oder ins Haupt-Mediencenter gelangen wollten.

Auf der anderen Seite hielten die befürchteten Probleme viele Touristen von einem Besuch der britischen Millionen-Metropole ab. Obwohl die Sportanlässe meist ausverkauft waren, kamen weniger Leute nach London, als sich die Veranstalter erhofft hatten. Pub-Besitzer in den Ausgangsvierteln klagten sogar über zu wenig Umsatz.

Freundliche Leute und eine Polizisten-Schelte

Immerhin, so blieb mehr Gastfreundschaft für uns: Mit der Akkreditierung um den Hals wurde man fast überall nett begrüsst. Sei es bei Zivilpersonen oder den unzähligen Volunteers, ohne die solche Spiele gar nicht möglich sind.

Zwar hielt sich die Begeisterung über Olympia beim Volk in Grenzen, doch selbst mit den abgesperrten Olympic-Lanes – den eigenen Fahrspuren für Offizielle - fanden sich die Einheimischen schliesslich ab. Obwohl sie deswegen etwas länger im Stau standen und wir an ihnen vorbeifahren durften.

Für mich persönlich wäre London 2012 um ein Haar schon zu Beginn vorbei gewesen. Nach einer Pressekonferenz bei Cancellara und Co. ausserhalb Londons machte ich mich auf den Rückweg in die Innenstadt. Da ich 20 Minuten auf einen Zug warten musste, setzte ich mich aufs Perron und zündete mir eine Zigarette an. Ich war alleine. Etwas später kam ein Polizist auf mich zu und sagte mir freundlich, dass hier Rauchen verboten sei. Er hätte mich für dieses Vergehen auch verhaften können. Doch das liess er zum Glück sein und mich ganz nach dem olympischen Motto weiter dabei sein.

Unzählige Sportarten und Erlebnisse

Und so hörten die Olympischen Sommerspiele – der grösste Sportanlass der Welt – für mich auf, wie sie angefangen haben: Mit Radsport. Nach der imposanten Eröffnungsfeier erlebte ich das Drama um Fabian Cancellara im Strassenrennen sowie das Zeitfahren. Weiter war ich bei Nicola Spirigs Triathlon-Olympiasieg, sah Roger Federer in Wimbledon Tennis spielen, war beim Beachvolleyball, dem Teamspringen der Reiter, BMX, dem Kunstturnen mit Giulia Steingruber und bei Usain Bolts Fabelweltrekord mit der jamaikanischen 4x100-Meter-Staffel. Zum Abschluss verfolgte ich Nino Schurters Silberfahrt im Mountainbike.

Auch durfte ich Sportarten miterleben, mit denen ich in der Heimat kaum zu tun hatte. Ich war unter anderem beim Tontaubenschiessen mit Fabio Ramella und bei Swann Obersons Marathon-Schwimmen. Bei uns würden diese Resultate höchstens in einem Telegramm erscheinen, an Olympia wird darüber ausführlich berichtet. Die Leistung dieser Sportler will ich aber auf keinen Fall schmälern. Und schon gar nicht die Arbeit der Organisatoren, die gigantische Sportstätten gebaut haben.

Ausbleibendes Verkehrschaos und zu wenig Touristen

Auch wenn ich beinahe drei Wochen am Stück gearbeitet habe - mit teils sehr langen Arbeitstagen und kaum richtigem Essen – für genau solche Erlebnisse nehme ich das gern in Kauf. In diesem Sinne: Sotschi 2014 kann kommen.

Deine Meinung