ProtestaktionSind Banken wirklich die Klimasünder der Nation?
Klimaaktivisten nennen die Credit Suisse und die UBS die grössten CO2-Schleudern der Schweiz. Stimmt das? 20 Minuten checkt die Fakten.
- von
- Dorothea Vollenweider
Auch Greenpeace Schweiz ist bei den Protesten mit dabei. Yvonne Anliker erklärt, was die Aktivisten fordern. (Video: 20 Minuten)
Dutzende Klimaaktivisten besetzten am Montagmorgen die Eingänge der Hauptsitze der Grossbanken Credit Suisse (CS) in Zürich und der UBS in Basel. Die Demonstrierenden fordern vom Schweizer Finanzplatz den sofortigen Ausstieg aus allen Geschäften mit fossilen Energien wie Kohle, Öl und Gas, wie die international organisierte Klimabewegung Collective Climate Justice (CCJ) mitteilte. «Die Aktion wurde an diesen Orten durchgeführt, weil hier die CO2-Schleudern der Schweiz sitzen», schreibt das Kollektiv in einer Mitteilung.
Die Aktivisten beschuldigen die Schweizer Grossbanken, klimaschädliche Aktionen zu finanzieren. «Die CS und die UBS sind die Hauptverantwortlichen des Schweizer Finanzplatzes für die weltweite Klimakatastrophe», sagt CCJ auf Anfrage zu 20 Minuten. «Zwar wird hier kein Öl gefördert und keine Kohle verbrannt, aber von hier aus werden derartige Projekte finanziert und dadurch erst möglich gemacht.»
Studien geben Klimaaktivisten recht
Sind diese Vorwürfe berechtigt? Ja, sagt Umweltökonom Philippe Thalmann von der ETH Lausanne. «Diese Grossbanken sind wichtige internationale Player, wenn es um die Finanzierung von klimaschädlichen Kohlebergwerken, Ölplattformen, Pipelines und Raffinerien geht.» Laut Thalmann leihen die Grossbanken besonders viel Geld für klimaschädliche Anlagen aus. Nicht nur indirekt, wie die Schweizerische Nationalbank oder Pensionskassen, die einfach Aktien und Obligationen von klimaschädlichen Unternehmen halten, sondern direkt durch Projektfinanzierungen.
Laut einer Auswertung von Greenpeace Schweiz haben die UBS und die CS von 2015 bis 2017 insgesamt 12,3 Milliarden Dollar für 47 globale Firmen, die in ökologisch höchst problematischen Bereichen tätig sind, bereitgestellt. Die US-Bank JP Morgan Chase führt diese Liste mit knapp 196 Milliarden US-Dollar für die Finanzierung fossiler Brennstoffe an.
83,3 Milliarden Dollar für fossile Brennstoffe
Auf die CS entfiel 7,8 Milliarden Dollar – die Schweizer Bank belegt damit den 20. Rang unter 36 in die Untersuchung einbezogenen Grossbanken. Die UBS liegt mit ihren 4,5 Milliarden auf Platz 26. Im europäische Vergleich liegen die Schweizer Grossbanken immerhin auf Platz 4 und 8 der grössten Geldgeber besonders schwerer Umweltsünder.
Der neueste Report «Banking on Climate Change» des Rainforest Action Network zeigt zudem, dass die zwei Grossbanken zusammen zwischen 2016 und 2018 rund 83,3 Milliarden Dollar zur Finanzierung von fossilen Brennstoffen zur Verfügung stellten.
Der gesamte Finanzplatz Schweiz ist betroffen
Auch in einer Studie des Bundesamtes für Umwelt kommt der Schweizer Finanzplatz schlecht weg: Obwohl die Schweiz das Pariser Klimaabkommen ratifiziert hat und der Sonderbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) auf die Einhaltung von 1,5 Grad drängt, steuern wir aufgrund der Investitionen des Schweizer Finanzplatzes in die globalen Finanzmärkte auf eine Erderwärmung von 4 bis 6 Grad zu.
«Es geht aber nicht nur um diese Grossbanken», sagt Umweltökonom Thalmann. Der gesamte Finanzplatz Schweiz sollte auf Klimaschutz umgepolt werden, fügt er an. «Das ist der grösste Hebel, mit dem unser kleines Land etwas für das globale Klima tun kann.»
Das sagen die Banken dazu
Die Credit Suisse will die Aktion selbst nicht kommentieren. Zu den Vorwürfen der Klimaaktivisten nimmt CS-Sprecher Sebastian Kistner auf Anfrage Stellung: Die CS anerkenne ihren Teil der Verantwortung, die Herausforderungen des Klimawandels anzugehen. «Zusammen mit anderen Banken sind wir daran, Methoden zur Ausrichtung von Kreditportfolios am Klimaabkommen von Paris zu entwickeln.» Man prüfe zurzeit Strategien, wie die Bank die Kunden aus den betroffenen Sektoren bei diesem Übergang unterstützen könne.
Die UBS nimmt zu den Klimavorwürfen in einem Faktenblatt Stellung. Sie hält die oben genannte Auswertung von Greenpeace Schweiz für falsch und irreführend. «Wir haben klare Kriterien für Geschäfte, welche wir nicht finanzieren. Beispielsweise sind wir bei Palmöl-Firmen so zurückhaltend, dass wir seit Jahren keine Finanzierung mehr vorgenommen haben.» Die Bank finanziere auch keine neuen Kohlekraftwerke, steht dort weiter. Die UBS hat laut eigenen Angaben die Finanzierung von Firmen, die das Klima negativ belasten, seit 2017 um 60 Prozent reduziert.