Teuerung und Inflation: Wer profitiert davon?

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Kritik der GewerkschaftenSind die Firmen tatsächlich die Profiteure der Inflation?

Die Unternehmen profitierten nicht von der Teuerung, sagt Economiesuisse. Diese Aussage sei falsch, kontert der Gewerkschaftsbund: Die Firmen seien die grossen Gewinner der Inflation.

von
Marcel Urech
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Die Schweizerische Nationalbank, …

Die Schweizerische Nationalbank, …

20min/Matthias Spicher
… die Europäische Zentralbank und …

… die Europäische Zentralbank und …

Reuters/Kai Pfaffenbach
… die US-Notenbank Fed haben in den letzten zwölf Monaten mehrmals die Leitzinsen erhöht, um die Teuerung zu bekämpfen.

… die US-Notenbank Fed haben in den letzten zwölf Monaten mehrmals die Leitzinsen erhöht, um die Teuerung zu bekämpfen.

REUTERS

Darum gehts

  • Seit Monaten werden Produkte und Dienstleistungen in der Schweiz teurer.

  • Die Inflation führe aber nicht zu höheren Gewinnen bei den Firmen, sagt die Wirtschaft.

  • Doch, sagt der Gewerkschaftsbund, genau das passiere – auf Kosten der Arbeitnehmerschaft.

Wer profitiert von der Inflation? Schweizer Firmen antworten auf diese Frage oft wie folgt: Sicher nicht die Unternehmen, denn sie könnten die Teuerung gar nicht an die Kundinnen und Kunden weitergeben – sonst würden diese zur Konkurrenz gehen. Digitec Galaxus sagte das etwa über die Schweizer Onlinehändler.

Andere agierten offensiver und kündigten gleich mehrere Preiserhöhungen in kurzer Zeit an, zum Beispiel V-Zug und Miele. Ihre Argumentation: Die Kosten für Energie, Rohstoffe und Elektronikbauteile seien nach oben geschnellt, und auch die Produzentenpreise seien gestiegen. Darum müssten sie nun die Preise anpassen.

Die Firmen sagen, dass die Inflation nicht zu mehr Gewinn führe. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) widerspricht nun auf Anfrage von 20 Minuten: Viele Firmen hätten die Gelegenheit genutzt, um ihre Preise zu erhöhen – diese Firmen seien klar die Gewinner der Teuerung, so Chefökonom Daniel Lampart.

Firmen als Inflationsgewinner?

Laut dem SGB ist die Lage eindeutig: Die Ertragslage der Firmen hat sich in den letzten drei Monaten klar verbessert, wie Lampart sagt, und die Dividendenausschüttungen steigen weiter. Der Chefökonom des SGB beruft sich auf eine Umfrage der Konjunkturforschungsstelle an der ETH Zürich.

Profitiert hätten Firmen in allen Sektoren – in der Industrie, im Bau und den Dienstleistungen, sagt Lampart. Auch international sei die Lage eindeutig: In den USA sei die Gewinnmarge der Firmen trotz Inflation gestiegen, und in den 27 Ländern der Europäischen Union habe sich die Gewinnquote nach oben entwickelt.

Auch UBS-Chefökonom Paul Donovan schlägt in diese Kerbe. Er sagte im «Guardian», dass der grösste Teil der Inflation von höheren Unternehmensgewinnen komme. «Normalerweise sind etwa 15 Prozent der Inflation auf die Ausweitung der Gewinnspanne zurückzuführen, aber heute sind es wohl etwa 50 Prozent.» Sprich: Die Firmen nutzen die Teuerung, um ihre Preise zu erhöhen – und die Konsumenten bezahlen die Zeche. 

Dieser Meinung ist auch Lampart: Viele Firmen nutzten die Inflation, um die Preise anzuheben, machten so mehr Gewinn und bezahlten ihren Angestellten trotzdem keinen Teuerungsausgleich. «Die Inflation fällt nicht einfach vom Himmel – sie geschieht auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer», so Lampart.

Economiesuisse hält dagegen

Der Wirtschaftsverband Economiesuisse widerspricht der Darstellung des Gewerkschaftsbunds. «Die Aussagen basieren auf einem Überlegungsfehler», sagt Rudolf Minsch, Chefökonom des Verbands. Die Preise stiegen nicht, weil die Firmen damit mehr Gewinn erzielten – sondern weil sie höhere Kosten haben. 

Die Energiepreise seien stark gestiegen und Lieferengpässe verteuerten und erschwerten die Produktion. Viele Firmen würden ohne Preiserhöhungen in die Verlustzone abrutschen. Trotzdem sei die Inflation in der Schweiz moderat. Das zeigt laut Minsch, dass viele Firmen Mühe haben, die höheren Kosten weiterzugeben.

Sind die Firmen die grossen Gewinner der Inflation?

Minsch äusserte sich auch zu den Dividenden. Vor allem international kompetitive Firmen erzielten Gewinne – allerdings nur zu einem sehr kleinen Anteil in der Schweiz. Diese Unternehmen verdienten ihr Geld im Ausland und produzierten oft auch einen grossen Teil im Ausland, sagt der Chefökonom des Wirtschaftsverbands. 

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