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Ski vs. Snowboard

Alles fährt Ski – ausser die Snowboarder. Die spielen PlayStation und trinken Red Bull. Zwei Wintersportarten im Vergleich.

Diese Saison führt der Ski um eine Boardlänge in der nicht olympischen Disziplin «Trend». Bevor man aber anfängt, die teure Snowboardausrüstung gegen schicke Latten einzutauschen, sollte man erst mal die Vor- und Nachteile abwägen. Denn generell gilt: Insein ist zurzeit total out.

Eleganz: Millionenfach am Fernsehen gesehen: Coole Boarder hüpfen über die unglaublichsten Schanzen, brettern die krassesten Abfahrten runter und fliehen zu Crossover-Sound vor herabbrechenden Lawinen. Die Realität ist freilich eine andere: Snowboarden heisst vor allem viel Latschen. Ein zu langes Flachstück, eine umständliche Lifteinfahrt, ein unglücklicher Ausflug in den Tiefschnee.

Wo der Skifahrer agil mit seinen Stöcken der Topografie trotzt, hängt der Boarder fest wie eine Schildkröte auf dem Rücken. Und auch das kollektive Rumhocken auf der Piste ist für ältere Menschen nicht geeignet – nicht nur wegen der Gefahr einer Blasenentzündung. Beim Skifahren gilt: Jeden Körperkontakt mit Schnee vermeiden. Trockene Hosen sind ein Zeichen für Können und Eleganz. Deshalb setzt sich der Skifahrer auch nicht in den Schnee, sondern auf seine Stöcke, die er zwischen seine Ski legt, welche er in den Schnee gesteckt hat. Immer noch die angenehmste Art, die Bergsonne zu geniessen.

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Kleidung: Während in den Neunzigern die Snowboardindustrie die buntesten Fetzen aneinander nähte, um möglichst coole Outfits für die Generation der Konsumrebellen zu entwerfen, fiel die Skiindustrie in ein kreatives Loch und kopierte ungelenk, was die hippe Schwester vormachte. Seitdem es der Modebranche vor zwei Jahren schlecht wurde, als sie einmal im Skiurlaub war, gibt es nun endlich auch tragbare Skiklamotten. Und natürlich die passenden Bretter dazu.

Wer Bogner schon immer zu langweilig und Jet Set zu russisch fand, kann nun endlich zwischen Chanel, Prada oder Escada wählen. Aber weil die Modeindustrie nicht zwischen Boarder und Skifahrer unterscheidet, sind die Boardklamotten nach wie vor schöner als die Skidresses. Auch im Profisport.

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Beförderung: Nichts ist würdeloser als ein älterer Mensch mit Helm und Captain-Future-Schutzbekleidung, der sich den Schleppliftbügel zwischen die Beine zu klemmen versucht. Besonders dann, wenn der Skifahrer neben ihm bereits die Augen verdreht, da er nun mit einem Boarder hochfahren muss, der einen als Regular entweder die ganze Zeit anglotzt oder als Goofy den Rücken zuwendet. Sofern es der Boarder überhaupt schafft, das Bügelintervall so einzuschätzen, dass er nicht rausfliegt und wie ein Sack neben dem Lift landet – vor den Augen hämisch grinsender Skisportler.

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Unterkunft: Wer über dreissig ist, sollte bei der Wahl seiner Bergunterkunft vergessen, dass er lieber boardet. Denn Boarder-Hotels sind oft lärmige Absteigen, in denen sich kiffende Teenager im Massenschlag die Nächte mit Strippoker und Red Bull um die Ohren schlagen. Oder es hämmert Nu Metal aus der Hoteldiscoanlage, die einen daran erinnert, dass die Neunziger vorbei sind.

Der Skifahrer steigt stattdessen lieber in Wellness-Zentren ab, wo er seine müden Glieder von Millionen kleinen Düsen massieren lassen kann, während er entspannt einen Chai-Tee trinkt. Oder in der Hotellobby bei Muzak-Musik vor dem Cheminée eine Partie Schach spielt. Zugegeben: Es klingt langweilig, dafür riechts in den Gängen nicht nach nassen Socken.

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Profisport: Heini Hemmi, Roland Colombin, Bernhard Russi, Erika Hess, Peter Müller: Die ganze Schweiz drückte unserer Skinati die Daumen, während diese Medaillen um Medaillen heimfuhr. Nichts ging mehr in den Sechziger- und Siebzigerjahren, wenn Skirennen live übertragen wurden. Das lag sicher daran, dass Skifahren nebst der Direktübertragung des Sechseläutens das einzige Tagesprogramm war, welches das Schweizer Fernsehen aufschaltete.

Als Kind der Massenmedien schafften es Snowboardwettbewerbe aber nie zum medialen Massenereignis. Dafür umso mehr auf Individualmedien wie Gamekonsolen: Spiele wie «Amped Champ» oder «Trans World Snowboarding» gehören zu den beliebtesten Games überhaupt. Während das Schweizer Fernsehen wegschaltet, schalten deshalb auch die Snöber weg und werfen stattdessen die PlayStation an.

Snowboard: 1 / Skifahren: 1

Total: Snowboard: 2 / Skifahren: 4

Jürg Zentner

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