Auf der FluchtSnowden beantragt Asyl in Ecuador
Der Ex-Geheimdienstler Edward Snowden, Enthüller der Spähprogramme der USA und Grossbritanniens, ist auf dem Weg nach Südamerika. Die US-Regierung ist wütend und greift Hongkong an.
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- kub/aeg/pbl
Nach seiner Flucht aus Hongkong am Sonntag sucht der frühere Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden offenbar in Ecuador Schutz vor der Strafverfolgung durch die US-Behörden. Snowden habe einen Asylantrag gestellt, teilte der ecuadorianische Aussenminister Ricardo Patiño mit. Man prüfe das Gesuch «mit einer Menge Verantwortung», sagte Patiño am Montag in Hanoi. Die Entscheidung habe etwas zu tun mit «Meinungsfreiheit und mit der Sicherheit der Menschen in der ganzen Welt».
Patino gab ein kurzes Statement auf dem Weg zu einem Treffen mit dem Aussenminister Vietnams. Wieviel Zeit die Prüfung des Gesuchs Snowdens in Anspruch nehmen wird, sagte er dabei nicht. Washington forderte Ecuador, Kuba und auch Venezuela auf, Snowden kein Asyl zu gewähren, wie der TV-Sender CNN unter Berufung auf einen hohen Regierungsbeamten berichtete. Zudem haben die USA nach CNN-Informationen den Pass des 30-jährigen US-Bürgers annulliert.
Im Transitbereich in Moskau
Am frühen Montagmorgen hielt sich Snowden noch im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo auf, wie die Nachrichtenagentur Itar-Tass unter Berufung auf einen Flughafensprecher berichtete. Aus Hongkong kommend war Snowden am Sonntagnachmittag in Moskau gelandet. Von dort aus wolle er nach Kuba weiterreisen, hiess es. Die nächste Maschine nach Havanna sollte am Montagnachmittag abheben.
Von Hongkong aus hatte der frühere Mitarbeiter einer für den Geheimdienst NSA tätigen IT-Firma erstmals vor zwei Wochen massive Spionage der USA im Internet enthüllt und damit weltweit Empörung über die Geheimdienst-Praktiken ausgelöst. Vor seiner Abreise aus Hongkong legte Snowden Dokumente über ein britisches Überwachungsprogramm im Internet sowie die Datenspionage von US-Diensten in China offen.
«Enttäuschend» und «beunruhigend»
Die US-Regierung hatte gegen Snowden Anklage wegen Geheimnisverrats erhoben und seine Festnahme beantragt. Die Behörden in Hongkong schickten den Antrag aber mit der Bitte um zusätzliche Angaben wieder zurück. Das teilte die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungsregion laut Radio RTHK mit.
Washington widersprach: Zwischen den Behörden Hongkongs und der USA habe es in den vergangenen zwei Wochen in dieser Sache Kontakte gegeben. Die Unterlagen für eine Auslieferung Snowdens seien vollständig gewesen, hielt das US-Justizministerium fest. Es sei «enttäuschend» und «beunruhigend», dass die Behörden dem Auslieferungsantrag der USA nicht nachgekommen seien.
«Das ist nicht unbedingt der Freiheitspfad»
Die Enthüllungsplattform Wikileaks, die Snowden auf der Flucht vor der Justiz unterstützt, bestätigte den Asylantrag des IT-Spezialisten in Ecuador. Er sei «auf einer sicheren Route auf dem Weg nach Ecuador» und werde von der Britin Sarah Harrison begleitet, die ihn als «Journalistin und juristische Forscherin» unterstütze. Sobald er in Ecuador angekommen sei, werde sein Asylantrag geprüft. Wikileaks-Gründer Julian Assange hält sich seit einem Jahr in der ecuadorianischen Botschaft in London auf, um einer drohenden Auslieferung nach Schweden wegen des Vorwurfs der sexuellen Nötigung zu entgehen.
Ecuador hat bisher die Forderungen Washingtons nach einer Auslieferung von Assange abgelehnt. US-Abgeordnete gaben sich auch wenig zuversichtlich, dass Snowden bald in den Händen der US-Justiz landen könnte. Er reise durch Länder, die zu den USA bestenfalls angespannte Beziehungen hätten und könnte für Asyl in Ecuador möglicherweise weitere Geheimnisse der USA verkaufen, sagte die republikanische Abgeordnete Ileana Ros-Lehtinen. Ähnlich sah das auch der Senator Lindsey Graham. «China, Russland, Kuba, Venezuela. Das ist nicht unbedingt der Freiheitspfad», sagte er noch bevor er über den Asylantrag in Ecuador Bescheid wusste.
USA annullieren Pass von Enthüller Snowden
Die USA haben nach Angaben aus Regierungskreisen den Reisepass von Edward Snowden annulliert. Die Gültigkeit des Passes sei erloschen, noch bevor der NSA-Enthüller am Sonntag von Hongkong nach Moskau gereist sei, sagte ein US-Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AP.
Snowdens Reisepläne - er hat Asyl in Ecuador beantragt, um dem Zugriff der US-Justiz zu entgehen - könnten durch das Fehlen eines gültigen Reisepass erschwert, aber vermutlich nicht verhindert werden. Es sei für Snowden durchaus möglich auch mit einem ungültigen Pass zu reisen, wenn hochrangige Vertreter von Fluggesellschaften oder Regierungen in Gastländern dies erlauben, sagte der US-Regierungsvertreter.