Albtraum für Südamerika-Kicker«Wachte auf, als Bomben explodierten» – Fussballer aus Ukraine geflüchtet
Eine Gruppe von rund 20 südamerikanischen Kickern und deren Anhang ist sicher in Moldawien angekommen. Auf Instagram schildert Dynamo-Kiew-Spieler Carlos de Pena die vergangenen Tage.

- von
- Silvan Haenni
Darum gehts
Dass der ukrainische Fussball-Club Schachtar Donezk gerne brasilianische Kicker engagiert, ist bekannt. Auch sonst sind in der ukrainischen Premjer Liga einige südamerikanische Stars zugegen. Nach Beginn der russischen Invasion suchten die Latin-Profis von Schachtar und Dynamo Kiew bereits vergangene Woche in einem Hotel in der Hauptstadt Zuflucht. In einem Video-Appell an die brasilianische Regierung baten sie um Hilfe: «Es gibt keinen Treibstoff, die Grenzen und der Luftraum sind geschlossen. Es gibt keine Möglichkeit für uns, das Land zu verlassen.»
Am Montag können die Südamerikaner vorerst durchatmen: Schachtar Donezk teilte mit, dass die 13 brasilianischen Spieler im Kader mitsamt ihren Familien das Land verlassen hätten. Weitere ausländische Spieler vom Konkurrenzklub Dynamo Kiew hätten sie begleitet. Unter ihnen ist auch der Uruguayer Carlos de Pena. Der Flügelspieler vom ukrainischen Meister und Ex-Mehmedi-Club Dynamo schildert die bangen Tage auf der Flucht in einem emotionalen Instagram-Post.
Flucht mit dem Zug
«Am 24. Februar um 4.55 Uhr wachte ich auf, weil in Kiew Flugzeuge und Bomben explodierten. Der Frieden endete und der Albtraum begann», beschreibt der 29-Jährige. Auf der Strasse habe er die Verzweiflung der flüchtenden Menschen gesehen – zudem Schlangen vor Supermärkten und Geldautomaten. De Pena belegt die Eindrücke mit Bildern, zeigt Fotos von zerbombten Häusern und Videos von bedrohlich nahen Einschlägen.
Nach der Ankunft im Zufluchtshotel hätten sie zunächst im Keller ausharren müssen, um vor möglichen Bombenangriffen geschützt zu sein. Die Situation um Kiew verschlimmerte sich. Der Dynamo-Star: «Am Samstag schien es keine Lösung zu geben, bis wir nach einem Gespräch mit einem kriegserfahrenen Journalisten trotz aller Risiken beschlossen, mit dem Zug zur rumänischen Grenze zu fahren.»
«Ich hatte grosse Angst»
Die Gruppe hätte schliesslich nach 17 Stunden und Zwischenhalten in unzähligen Städten eine Kleinstadt an der rumänischen Grenze erreicht, so de Pena. Von da aus hätten sie den Bus genommen, um nach Moldawien zu gelangen. Der ehemalige Middlesbrough-Spieler: «Ich hatte grosse Angst und habe mich mehrmals versteckt und geweint, um meine Verzweiflung nicht vor den anderen zu zeigen und meine Stärke zu beweisen.»
Nun wolle er für seine Teamkollegen in der Ukraine und deren Familien sowie für das gesamte ukrainische Volk beten, das unter diesem schrecklichen Unsinn leiden würde. De Pena: «Die Solidarität des ukrainischen Volkes ist zu bewundern. Es lebe die Ukraine.»
Moraes spendet grosse Summe
Zusammen mit Carlos de Pena ist auch Schachtar-Stürmer Júnior Moraes (34) aus Kiew geflüchtet. Der gebürtige Brasilianer, der vor drei Jahren die ukrainische Staatsbürgerschaft erhalten hatte, hat diversen Medien zufolge nach seiner Flucht rund 48’000 Franken für humanitäre Hilfe im Kriegsgebiet gespendet.
Aufgrund seiner doppelten Staatsbürgerschaft lief er durch die ukrainische Generalmobilmachung Gefahr, ebenfalls für den Krieg eingezogen zu werden.
Hast du oder hat jemand, den du kennst, ein Trauma erlitten?
Hier findest du Hilfe:
Pro Mente Sana, Tel. 0848 800 858
Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer SRK, Tel. 058 400 47 77
Angehörige.ch, Beratung und Anlaufstellen
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143