Ausweis gegen BaresSo einfach kommen Reiche zu einem zweiten Pass
Es ist ein neues Geschäftsfeld: Staatsbürgerschaften gegen Investitionen. Ein Zürcher Jurist mischt an vorderster Front mit.
- von
- cls

Steuerlich sehr attraktiv: Die Karbikinsel Nevis verkauft Staatsbürgerschaft gegen Investitionen.
Die Nachrichtenagentur Bloomberg nennt ihn den «Pass-König»: Der Zürcher Christian Kälin ist ein Anwalt in einer diskreten Branche. Seine Firma Henley and Partners beschafft Reichen Pässe aus Steuerparadiesen. Das spült viel Geld in die klammen Kassen der verschiedenen Länder.
Zum Beispiel in diejenigen von St. Kitts und Nevis: Der Inselstaat in der Karibik waren bis 1983 ein britisches Inspektorat. Traditionell lebte das Inselpaar vom Zuckeranbau. Doch mit dem fortschreitenden Preiszerfall, einer misslungenen Verstaatlichung und der Schliessung der letzten Plantagen wurde aus dem Paradies ein hoch verschuldeter Staat mit einer der höchsten Kriminalitätsraten der Welt.
Bis Kälin kam und das vom Staat ausgedachte Investorenprogramm «Investor Immigration Service» verfeinert hat. Für 250'000 Dollar und ohne weitere Verpflichtungen erhalten High-Net-Worth Individuals (Personen, die über mindestens 30 Million Dollar investierbares Vermögen verfügen) von ihm einen Pass vermittelt. Die Vorteile: Keine Einkommens- oder Kapitalgewinnsteuer und Diskretion. Eine physische Präsenz auf St. Kitts ist dabei nicht zwingend. Das Geschäft hat St. Kitts und Nevis vor dem finanziellen Ruin bewahrt, wie die IWF- Abgeordnete für St. Kitts, Judith Gold, zu Bloomberg sagt: «Das Land hat sich komplett transformiert.»
Weg aus der Verschuldung
Diese Transformation verhalf auch Kälin zu viel Ruhm. Seine Firma Henley und Partner ist der Marktführer im Bereich der Niederlassungs- und Passbeschaffung. Bis 2006 war Kälin nur Insidern bekannt, die sein Buch «The Global Residence and Citizenship Handbook» kannten. Darin schreibt Anwalt Kälin: «Heute bleibt angesichts des politischen und rechtlichen Klimas nur ein sinnvoller Rat: Lege offen oder zieh weg.» Die Steuerfluchtindustrie ist für die Länder durchaus lukrativ. Sie verdienen mit der Vergabe der Staatsbürgerschaft nämlich viel Geld. Allein im letzten Jahr wurden über Kälins Firma Pässe aus aller Herren Ländern im Wert von zwei Milliarden Dollar verkauft. Im Gegenzug kamen die Regierungen zu Investitionen im Wert von 4 Milliarden Dollar.
Weil das Business so lukrativ ist, bietet Kälin sein Programm auch anderen Staaten an, so etwa Malta sowie Antigua und Barbuda. St. Lucia soll folgen und vielleicht auch Albanien, Kroatien, Jamaica, Montenegro und Slowenien.
90 Tage Geduld
Doch die Investorenprogramme bleiben nicht unkritisiert. Die Regierung der Mittelmeerinsel Malta etwa wurde von der Opposition als «unmoralisch» und «obszön» beschimpft. St. Kitts geriet 2014 unter verschärfte Beobachtung, als die USA und Kanada die Einreise von Staatsbürgern des Inselstaates ohne Visa verweigerten, weil St. Kitts angeblich Iranern einen Pass verschafft hatte. Daraufhin rief St. Kitts geschätzte 16'000 Pässe zurück. Auch Portugal geriet in Verdacht, allzu leichtfertig Pässe auf der Basis von Investorenprogrammen vergeben zu haben. Gegen den Chef der portugiesischen Einwanderungsbehörde läuft eine Untersuchung.
Diese Vorkommnisse halten Zypern nicht davon ab, seine Staatsbürgerschaft vermarkten zu wollen. Laut Bloomberg habe der Finanzminister höchstpersönlich erklärt, es sei «extrem einfach», über Zypern an einen EU-Pass zu kommen. Bewerber müssten nach einer Bewerbung lediglich in Immobilien im Wert von 2,5 Mio. Euro investieren und 7000 Euro an Gebühren bezahlen. Innert 90 Tagen hätten sie dann den EU-Pass. Vorausgesetzt natürlich, der Strafregisterauszug sei «einwandfrei».