Luzerner in Berlin«So einfach, wie ich dachte, ist es nicht, mit Podcasts Geld zu verdienen»
Der Luzerner Ueli Häfliger machte sich vor einem Jahr an die Arbeit, um mit selbstproduzierten Podcasts in Berlin durchzustarten. Jetzt zieht er ernüchtert eine erste Bilanz. Obwohl es noch unmöglich ist davon zu leben, sieht er auch viele Vorteile und blickt voraus.
- von
- Daniela Gigor
Darum gehts
Vor rund einem Jahr machte sich der Luzerner Ueli Häfliger in Berlin selbstständig.
Er wollte mit seinem Podcast «Goldstückli» durchstarten. Darin geht es um neue Musik.
Nun zieht er ernüchtert Bilanz. Trotzdem sagt er: «Es wird immer Musikkritiker brauchen.»
Bis der frühere Musikchef von Flux FM vom Podcast leben kann, jobbt er wieder.
Eins muss man dem Luzerner Ueli Häfliger lassen: Der 45-Jährige traut sich was. Vor rund einem Jahr hat sich der zweifache Familienvater selbstständig gemacht, um eine neue berufliche Herausforderung in Angriff zu nehmen. Diese Herausforderung hat einen Namen: «Goldstückli» – dabei handelt es sich um einen selbstproduzierten Podcast, in dem es um neue Musik geht. «Wir haben bisher jede Woche und auch im Sommerloch eine neue Episode produziert», sagt Häfliger. Er hatte sich in Luzern einen Namen als Musikchef von Radio 3Fach gemacht, bevor es ihn nach Berlin zog und er dort 14 Jahre lang Musikchef des preisgekrönten Senders Flux FM war.
Aber gerade die Musik macht es nicht ganz einfach, die Podcasts zu veröffentlichen. Bisher können Songs nur bei Spotify integriert werden. Etwa bei Apple oder Amazon ist das noch nicht möglich. Der Grund liegt bei der Urheberrechtsgesellschaft in Deutschland, der Gema. Häfliger sagt: «Bisher konnten sich die Streaming-Plattformen, Labels, Verlage und die Gema noch nicht auf eine gemeinsame Lösung einigen, wie man Musik in Podcasts einfach und fair für alle Beteiligten integrieren kann.»
«Ich denke, wir sind einfach zu früh dran. Unser Format ist für die Plattformen noch nicht interessant genug.»
Aber Häfliger sieht für sich und seinen Partner, der Musiker Winson, trotz aller Schwierigkeiten auch viele Vorteile: «Es gibt eine gute Zusammenarbeit mit Künstlern, Labels, Verlagen und Managern. So haben wir beispielsweise zur Veröffentlichung des neuen Deichkind-Albums, das etwa vor zwei Wochen veröffentlicht wurde, einen Videogruss erhalten.» Bei Deichkind handelt es sich um eine Hamburger Hip-Hop- und Electropunk-Band. Und Häfliger ist sich sicher, dass sich die rechtlichen Fragen den neuen Medien und Formaten anpassen werden: «Ich denke, wir sind einfach zu früh dran. Unser Format ist für die Plattformen nicht interessant genug. Noch nicht, denn das ‹Goldstückli› ist bisher der einzige Musik-Podcast, welcher sich redaktionell mit neuer Musik befasst. Eigentlich ein sehr gutes, neues Modell, aktuelle Popmusik zu promoten.»
«Man kann nicht ständig von Hühnersuppe leben.»
Aktuell hat das «Goldstückli» etwa 2500 Followerinnen und Follower pro Episode. Anfänglich waren es gerade mal 200 und Häfliger kann auch stolz darauf sein, dass sein Podcast regelmässig in den Top Five in der Schweiz auftaucht. Die finanzielle Situation sieht allerdings anders aus: «Wir waren blauäugig und dachten, dass wir rasch und fix Geld verdienen könnten», so Häfliger weiter. Obwohl es finanziell noch eher zäh ist, Podcasts zu vermarkten, hat die breite Akzeptanz im Kulturbereich die Erwartungen der Macher überstiegen. Er hat mit Winson die Marktlücke gefunden, weil viele Musikzeitschriften mit Rezensionen über neu erschienene Musik eingestampft wurden. Häfliger ist überzeugt, «dass es immer Musikkritiker brauchen wird.»
Bis es sich auch noch finanziell lohnt, werden Winson und Häfliger jobben, damit sie sich über Wasser halten können: «Man kann nicht ständig von Hühnersuppe leben.» Häfliger weiss, was er will und eben auch, was er nicht will. «Wir wollen uns nicht verbiegen und Dinge verkaufen, die nicht zu uns passen. Wir haben unsere Nische erkannt und wollen dort die Besten werden.»
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