GeschlechtsangleichungErst nach ihrem langen Kampf fielen die hohen Operations-Hürden
Bis 2011 mussten trans Menschen über 25 Jahre alt sein und diverse Regeln befolgen für eine solche Operation. Erst als eine fast 70-jährige trans Frau sich das Recht in Strassbourg erstritt, änderte sich das.
- von
- Daniel Graf
2022 fand in Zürich die erste trans Pride statt. Bis dahin war es ein langer Weg.
Darum gehts
Zahlen zu operativen Geschlechtsangleichungen bei Minderjährigen sorgen für Diskussionen.
Die Zahlen nehmen zu, weil solche Operationen erst seit etwas mehr als zehn Jahren möglich sind.
Zuvor waren die Hürden für trans Menschen laut einem Psychiater extrem hoch.
Auch heute noch werde eine sorgfältige Diagnose erstellt, bevor eine Operation möglich wird.
Laut David Garcia Nuñez, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, waren die Hürden für geschlechtsangleichende Operationen in der Schweiz lange sehr hoch: «Bis 2011 bezahlten die Krankenkassen die Operationen nicht, wenn nicht ganz extreme Regeln befolgt wurden.» Das änderte sich mit dem sogenannten «Fall Schlumpf». Die damals schon fast 70-jährige Nadine Schlumpf wehrte sich dagegen, dass ihre geschlechtsangleichende Operation nicht von der Krankenkasse bezahlt wird, wenn sie sich nicht diesem «Kontrollregime» unterzog – und bekam in letzter Instanz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte recht.
12 Besuche beim Psychiater in Kleidern des «Gegengeschlechts»
«Es gab damals eine lange Liste mit Kriterien, die eine trans Person erfüllen musste, damit sie in Behandlung aufgenommen wurde», sagt Garcia. So habe jede trans Person, unabhängig von ihrem Alter, ein Jahr lang jeden Monat bei einem Psychiater oder einer Psychiaterin in den Kleidern des «Gegengeschlechts» aufkreuzen müssen.
«Mindestens zwölf Sitzungen waren nötig, um die ‹Richtigkeit› der Geschlechtsidentität ‹sichern› zu können. Erst nachdem die Fachperson zwölf Besuche protokolliert hatte, erhielt die trans Person geschlechtsangleichende Hormone», sagt Garcia. «Und erst nach weiteren zwölf Besuchen durfte eine Operation gemacht werden – unabhängig davon, ob diese Zeitspanne sinnvoll war oder nicht.»
Vater wehrt sich – Kind muss mit Operation warten
Ausserdem mussten trans Personen bis 2011 über 25 Jahre alt sein für eine solche Operation. «Das Bundesgericht hatte diese Altersgrenze festgelegt, da es davon ausging, dass trans Personen ‹mehr Zeit› brauchen würden, um das vom Gericht als ‹biologisch› definierte eigene Geschlecht entdecken zu können», sagt Garcia. «Diese Behauptung widerspricht unserem aktuellen wissenschaftlichen Wissen zur Geschlechtsentwicklung, weshalb es absolut richtig ist, dass diese Regelung nicht mehr so gilt.»
Garcia Nuñez betont:«Solche Operationen finden nie gegen den Willen der Eltern statt.» In einem Fall habe der Vater sich gar so lange gewehrt, dass dem Kind die Behandlung bis zum Erwachsenenalter verwehrt geblieben sei. «Die Vorstellung, dass einfach ein zwölfjähriges Mädchen aufkreuzt und aus einer Laune heraus eine solche Operation vornimmt, ist völlig falsch.»
LGBTIQ: Hast du Fragen oder Probleme?
Hier findest du Hilfe:
LGBT+ Helpline, Tel. 0800 133 133
Du-bist-du.ch, Beratung und Information
InterAction, Beratung und Information für intergeschlechtliche Menschen, Tel. 079 104 81 69
Lilli.ch, Information und Verzeichnis von Beratungsstellen
Milchjugend, Übersicht von Jugendgruppen
Elternberatung, Tel. 058 261 61 61
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
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