So klaut die Polizei heimlich dein Facebook-Foto für Fahndungen

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GesichtserkennungSo klaut die Polizei heimlich dein Facebook-Foto für Fahndungen

In den Staaten durchsuchte die KI-Software Clearview mindestens eine Million Social-Media-Accounts zur Gesichtserkennung von Verbrechern. Auch Schweizer sind davon betroffen. Eine gesetzliche Grundlage gibt es noch nicht.

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Clearview ist eine KI-Software, die für Strafverfolgungsbehörden zur Gesichtserkennung das Internet durchsucht. Jedoch ist diese umstritten.

Clearview ist eine KI-Software, die für Strafverfolgungsbehörden zur Gesichtserkennung das Internet durchsucht. Jedoch ist diese umstritten.

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Bereits 2021 waren E-Mail-Adressen der Stadtpolizei Zürich auf der öffentlich gewordenen Kundenliste von Clearview zu finden.

Bereits 2021 waren E-Mail-Adressen der Stadtpolizei Zürich auf der öffentlich gewordenen Kundenliste von Clearview zu finden.

20min/Marco Zangger
Gemäss einem Zürcher Anwalt kam es bei zwei Fällen, die er betreute, zu Auffälligkeiten bei den Gerichtsverhandlungen, die nur durch den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware geklärt werden konnten.

Gemäss einem Zürcher Anwalt kam es bei zwei Fällen, die er betreute, zu Auffälligkeiten bei den Gerichtsverhandlungen, die nur durch den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware geklärt werden konnten.

20min/Marco Zangger

Darum gehts

  • Die KI-Software Clearview durchsucht das Internet nach Fotos.

  • Mittels Gesichtserkennung erkennt es ähnliche Fotos auf sozialen Medien.

  • Clearview wurde in den USA über eine Million Mal verwendet.

  • In der Schweiz wird ebenfalls Gesichtserkennungssoftware genutzt.

Das umstrittene KI-Programm Clearview untersucht das ganze Internet mithilfe künstlicher Intelligenz nach Bilddaten zur Gesichtserkennung. Das ist einerseits hilfreich zur Fahndung für Behörden wie die Polizei, aber anderseits ein grosser Dorn im Auge Datenschutzbeauftragter. Clearview wurde in den Staaten mittlerweile über eine Million Mal verwendet. Jedes Mal werden dabei auch Schweizer User im Internet durchsucht.

Der CEO von Clearview, Hoan Ton-That, gibt gegenüber der BBC bekannt, dass die Software bereits über 30 Milliarden Bilder auf Plattformen wie Facebook abgesucht hat – und das ohne die Erlaubnis der Nutzer. So würde beispielsweise die Polizei in Miami das KI-Programm regelmässig brauchen. 

So funktioniert das System: Die Behörden können das Foto einer Person, ob von einer Sicherheitskamera oder anderer Quellen, in Clearview hochladen und mit der riesigen Echtzeit-Datenbank abgleichen. Das Programm spuckt dann automatisch Links aus, wo passende Bilder gefunden wurden. Es soll dabei äusserst effizient sein. 

Datenschutzbeauftragter rät von KI-Software ab

Der eidgenössische Datenschutzbeauftragte (EDÖB) legt fest: Die ungefragte Beschaffung von Gesichtsdaten ist persönlichkeitsverletzend. «Wir raten allen Privaten und Behörden in der Schweiz davon ab, durch Clearview beschaffte Daten zu bearbeiten», so Kommunikationsspezialistin Silvia Böhlen.

Man habe sich bei den Strafverfolgungsbehörden des Bundes erkundigt, die Direktionen des Fedpol, der EZV und des NDB haben jedoch bestätigt, «dass sie in ihrer Tätigkeit Software wie Clearview weder einsetzen noch einzusetzen beabsichtigen», teilt der EDÖB mit. Die Stadtpolizei Zürich war jedoch in der Vergangenheit auf der Kundenliste von Clearview zu finden, berichtete Buzzfeed.

Der EDÖB hat bereits testweise einen Antrag bei Clearview gestellt, um zu prüfen, ob Schweizer Profile aus der Datenbank entfernt werden könnten. Bisher gab es aber noch keine Antwort.

Schweizer Polizei nutzt Alternativen

Trotzdem nutzt man in der Schweiz andere Gesichtserkennungssoftwares. So auch die Kantonspolizei Aargau: «Wir nutzen ein System, das nur auf bestehenden Datenbanken basiert. Wir bleiben rechtlich auf der sicheren Seite», so Mediensprecher Bernhard Graser. Man habe aber bereits mit dem Gedanken gespielt, solche KI-Softwares zu gebrauchen.

Der Aargau ist dabei nicht der einzige Kanton: «Nach unserem aktuellen Wissensstand nutzen die Kantone Aargau, St. Gallen, Neuenburg, Schaffhausen und Waadt bestimmte Tools zur Gesichtserkennung», so Angela Müller, Leiterin von der Organisation Algorithmwatch. Es gebe momentan noch keine gesetzliche Grundlage, daher liegt es aktuell an den Kantonen, zusätzliche Bestimmungen neben dem Datenschutz festzulegen. 

«Besonders bei der Gesichtserkennung im öffentlichen Raum gibt es bisher nur drei Städte, die ein Verbot festgelegt haben», so Müller. Aktuell verhandelt die EU über ein Verbot von Echtzeit-Erkennungssystemen von Strafverfolgungsbehörden. Es wird sich daher erst noch zeigen, ob so ein Verbot den Gebrauch von Software wie Clearview effektiv verhindern kann.

So schützt du dein Facebook-Konto vor KI-Abfragen

Wenn KI-Gesichtserkennungs-Softwares wie Clearview soziale Medien durchsuchen, nutzt die Hilfe von Suchmaschinen. Dass du dort auftauchst, kannst du zumindest bei Facebook verhindern. Das sind die nötigen Schritte, um dein Profil sicherer zu machen:

  • Gehe auf Facebook.com und logge dich ein.

  • Klicke auf dein Profilbild und danach auf «Einstellungen und Privatsphäre».

  • Jetzt klickst du auf «Privatsphäre-Check».

  • Klicke auf die Kartei mit der Beschriftung «So können andere dich auf Facebook finden».

  • Klick dich weiter, bis der Abschnitt «Suchmaschinen» auftaucht. Schalte die Einstellung aus.

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