So manipulierte Uber Schweizer Behörden, Politiker und Polizisten

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Uber FilesSo manipulierte Uber Schweizer Behörden, Politiker und Polizisten

Uber hat mit zwei PR-Firmen kooperiert, um schärfere Gesetze in der Schweiz zu verhindern und die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Das sagt ein ehemaliges Führungsmitglied.

von
Marcel Urech
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Die «Uber Files» zeigen auf, wie der Taxidienst die öffentliche Meinung beeinflusst und auf Kosten der Fahrer Millionen von Franken gespart hat.

Die «Uber Files» zeigen auf, wie der Taxidienst die öffentliche Meinung beeinflusst und auf Kosten der Fahrer Millionen von Franken gespart hat.

20min/Marco Zangger
«Nicht nach Erlaubnis zu fragen, sondern einfach loszulegen», sei das Mantra gewesen, sagt Ex-Uber-Manager Mark MacGann, der die Dokument geleakt hat.

«Nicht nach Erlaubnis zu fragen, sondern einfach loszulegen», sei das Mantra gewesen, sagt Ex-Uber-Manager Mark MacGann, der die Dokument geleakt hat.

20min/Marvin Ancian
Uber habe seine Chauffeure nicht als Arbeitnehmende anerkennen wollen, um bezahlte Ferien, Kündigungsschutz und Sozialausgaben zu umgehen, sagt Ex-HSG-Professor Thomas Geiser.

Uber habe seine Chauffeure nicht als Arbeitnehmende anerkennen wollen, um bezahlte Ferien, Kündigungsschutz und Sozialausgaben zu umgehen, sagt Ex-HSG-Professor Thomas Geiser.

20min/Marco Zangger

Darum gehts

  • «Wir haben den Menschen eine Lüge verkauft und die Demokratie massiv untergraben», sagt Mark MacGann, ein Ex-Führungsmitglied von Uber.

  • Er veröffentlichte 120’000 interne Dokumente, die dubiose Geschäftspraktiken des Konzerns ans Tageslicht bringen.

  • Die Gewerkschaft Unia spricht vom «grössten Schwarzarbeits-Skandal, den die Schweiz je gesehen hat».

Mark MacGann, ein Ex-Führungsmitglied von Uber, hat über 120’000 interne Dokumente veröffentlicht: Die «Uber Files» zeigen auf, wie der Taxidienst die öffentliche Meinung beeinflusst und auf Kosten der Fahrerinnen und Fahrer Millionen von Franken gespart hat. Laut den Dokumenten überwachte Uber einzelne Nutzerinnen und Nutzer mit seiner App.

«Wir haben den Menschen eine Lüge verkauft und die Demokratie massiv untergraben», sagt MacGann im «Tages-Anzeiger». «Nicht nach Erlaubnis zu fragen, sondern einfach loszulegen», sei das Mantra gewesen.

«Grösster Schwarzarbeits-Skandal der Schweiz»

Roman Künzler von der Gewerkschaft Unia spricht vom «grössten Schwarzarbeits-Skandal, den die Schweiz je gesehen hat». Uber habe seine Chauffeure nicht als Arbeitnehmende anerkennen wollen, um bezahlte Ferien, Kündigungsschutz und Sozialausgaben zu umgehen, sagt Ex-HSG-Professor Thomas Geiser.

Das Bundesgericht entschied allerdings, dass ein Angestelltenverhältnis bestehe und die Fahrerinnen und Fahrer Anrecht auf Lohn und Sozialleistungen haben. Uber habe das gewusst, aber nach dem Grundsatz «Euer Gesetz ist ein schlechtes Gesetz» agiert, sagt MacGann. Mittlerweile ist das Unternehmen in Genf wieder aktiv.

Uber: Zusammenarbeit mit Schweizer PR-Firmen

Um Regulierungen zu verhindern, habe Uber der Firma Hirzel Neef Schmid Konsulenten mindestens 30’000 Franken überwiesen. Die Firma schreibt auf Anfrage des «Tages-Anzeigers», dass solche Treffen «zu unserem Job» gehören. Farner lässt verlauten, es gehöre zum «Wesen der Demokratie», dass Verbände, Firmen und weitere «gegenüber dem Gesetzgeber und Behörden versuchen, ihre Interessen wahrzunehmen».

Nutzt du Uber?

Uber lobbyierte zudem beim Bundesamt für Strassen, Bundesamt für Verkehr und beim Staatssekretariat für Wirtschaft. Da Hirzel Neef Schmid Konsulenten für Uber nicht aggressiv genug vorging, wechselte die Firma laut MacGann 2015 zu Farner und bezahlte dafür bis heute 16’000 Franken pro Monat.

Laut den Files plante Uber Treffen mit über 30 Politikerinnen und Politikern in der Schweiz. Zustande kam ein Meeting mit dem damaligen Waadtländer FDP-Nationalrat Fathi Derder, der mehrere Vorstösse im Sinne von Uber lancierte. «Ich bin weder für Uber noch für irgendein Unternehmen sonst», sagt er heute zum «Tages-Anzeiger».

Sicherheitsvorsteher per App überwacht

Nicht beeinflussbar sei Patrick Baud-Lavigne gewesen, der damalige Genfer Sicherheitsvorsteher von Pierre Maudet. Uber habe ihn darum über ihre App überwacht, heisst es in den Files. Die Firma könne die App so einstellen, dass sie die verfügbaren Autos nicht anzeigt – etwa um Polizisten gezielt zu täuschen.

Das sagt Uber zu den Vorwürfen

«Wir sind uns klar der Tatsache bewusst, dass Uber in seiner Anfangszeit Fehler gemacht hat, und wir werden nicht versuchen, diese zu rechtfertigen», sagt Uber zum «Tages-Anzeiger». Man habe sein Modell aber «grundlegend verändert» und an die Schweiz angepasst. Uber lege grossen Wert darauf, ein «zuverlässiger und vertrauenswürdiger Partner für die Städte und Gemeinden» zu sein.

Im November 2014 habe zudem ein Brigadier der Genfer Polizei den Westschweizer Uber-Chef getroffen. Die Polizei glaube, Uber sei «nicht zu stoppen» und wolle kooperieren, schrieb ein Berater nach dem Treffen. Der pensionierte Brigadier sagt, dass er mit allen Akteuren im Genfer Transportwesen Kontakt aufgenommen habe. 

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