Provenienzforschung : So will das Zürcher Kunsthaus Raubkunst-Fälle verhindern

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Provenienzforschung So will das Zürcher Kunsthaus in Zukunft Raubkunst-Fälle verhindern

Eine unabhängige internationale Expertenkommission soll das Kunsthaus in Zukunft bei der Provenienzforschung unterstützen. 

von
Daniel Krähenbühl
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Die Bührle-Sammlung im Zürcher Kunsthaus ist umstritten.

Die Bührle-Sammlung im Zürcher Kunsthaus ist umstritten.

20min/Taddeo Cerletti
«Ein Nazi-Erbe verfolgt die neue Galerie eines Museums» titelte etwa die amerikanische «New York Times», ein «Neubau mit Altlast» die Süddeutsche Zeitung.

«Ein Nazi-Erbe verfolgt die neue Galerie eines Museums» titelte etwa die amerikanische «New York Times», ein «Neubau mit Altlast» die Süddeutsche Zeitung.

20min/Taddeo Cerletti
Am Dienstag hat das Kunsthaus Zürich eine neue Strategie zur Herkunftsforschung ihrer Sammlung vorgestellt, damit Raubkunst-Fälle ausgeschlossen werden können.

Am Dienstag hat das Kunsthaus Zürich eine neue Strategie zur Herkunftsforschung ihrer Sammlung vorgestellt, damit Raubkunst-Fälle ausgeschlossen werden können.

20min/Taddeo Cerletti

Darum gehts 

  • Die Bührle-Sammlung im Kunsthaus Zürich steht unter Verdacht, unter anderem Raubkunst aus der Zeit des Nationalsozialismus zu beinhalten.

  • Das Kunsthaus hat nun verkündet, weitere Ressourcen in die Herkunftsforschung investieren zu wollen.

  • Zudem soll eine internationale Expertenkommission das Kunsthaus bei der Provenienzforschung unterstützen.

  • Von der öffentlichen Würdigung der Umstände des Entzugs bis zur Rückgabe des Kunstwerks an Erben des früheren Eigentümers wäre anschliessend alles möglich.

Im Oktober 2021 eröffnete das Kunsthaus Zürich den 206 Millionen Franken teuren Erweiterungsbau mit der Sammlung des Waffenhändlers Emil G. Bührle. Schlagzeilen machten aber nicht die Werke von Van Gogh, Monet oder Picasso, sondern die Geschichte hinter dem Kunstsammler. «Ein Nazi-Erbe verfolgt die neue Galerie eines Museums» titelte etwa die amerikanische «New York Times», ein «Neubau mit Altlast» die «Süddeutsche Zeitung». Verschiedene Kritikerinnen und Kritiker führen an, dass Bührle von der Herrschaft der Nationalsozialisten profitierte und Kunstwerke von jüdischen Sammlerinnen und Sammlern zu Tiefstpreisen kaufte.

Am Dienstag hat das Kunsthaus Zürich eine neue Strategie zur Herkunftsforschung ihrer Sammlung vorgestellt, damit Raubkunst-Fälle ausgeschlossen werden können. So will das Kunsthaus mit Werken proaktiver umgehen, die nach vertiefter Forschung als NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut eingestuft werden könnten. «Die laufende systematische Überprüfung der Sammlungsbestände wird weitergeführt und vertieft.» Dabei sollen Werke auf ihre Provenienz geprüft werden, die vor 1945 entstanden sind und in der Zeit von Januar 1933 bis Mai 1945 ihren Besitzer gewechselt haben.

Team wird vergrössert

Die Herkunftsforschung sei komplex, weil jeder Fall separat analysiert und beurteilt werden müsse. Deshalb sollen neue Stellen geschaffen werden, sagt Kunsthaus-Direktorin Ann Demeester. Dies sei unter anderem möglich dank der Unterstützung des Bundesamtes für Kultur und des Kantons Zürich. «Dessen Regierungsrat beantragt dem Kantonsrat, das Projekt im Rahmen der Legislatur-Tranche 2019–2023 für die kommenden Jahre mit einer Mio. Fr. zu unterstützen.»

Das Kunsthaus Zürich unterstütze die Bemühungen, auf nationaler Ebene eine unabhängige Kommission für NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter einzurichten. Bis zur Bildung dieses Gremiums werde die Zürcher Kunstgesellschaft eine internationale Expertenkommission etablieren. Diese soll als unabhängige Instanz die Zürcher Kunstgesellschaft bei der Beurteilung von eigenen Forschungsergebnissen unterstützen und beraten. Die Kommission soll bis zum Herbst 2023 eingerichtet sein.

«Als Museum tragen wir eine grosse gesellschaftliche Verantwortung», lässt sich Kunsthaus-Direktorin Ann Demeester in einer Medienmitteilung zitieren. «In diesem Zusammenhang halten wir einen proaktiven und möglichst transparenten Umgang mit Provenienzforschung für essenziell.» Das oberste Ziel müsse immer sein, die Herkunft der Werke professionell zu prüfen und «faire und gerechte Lösungen» zu ermöglichen, sagt Philipp Hildebrand, Präsident der Zürcher Kunstgesellschaft. Man sei sich aber bewusst, dass es sich dabei um einen langwierigen und komplexen Prozess handelt. «Die Geschichte jedes betroffenen Kunstwerks ist letztlich ein Einzelfall.» 

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