Tödliche Radioaktivität: So wirkt die Strahlung auf unseren Körper

Aktualisiert

Tödliche RadioaktivitätSo wirkt die Strahlung auf unseren Körper

Nach den Störfällen in japanischen AKW lebt die Bevölkerung in Angst. Doch ab welcher Dosis ist radioaktive Strahlung tatsächlich lebensbedrohlich?

von
Runa Reinecke

Nach der Explosion in einem Atomkraftwerk im japanischen Fukushima und dem Ausrufen des Notstandes für das AKW in Onagawa fürchten sich die Japaner vor den Auswirkungen radioaktiver Strahlung. Welche Gefahren durch grosse freigesetzte Mengen an Radioaktivität drohen, zeigt das traurige Beispiel Tschernobyl. Im ukrainischen Kernkraftwerk nahe der Grenze zu Weissrussland kam es im April 1986 - ebenfalls nach einer Explosion - zu einer Kernschmelze. Aufgrund fehlender Schutzvorkehrungen entwichen grosse Mengen Radioaktivität in die Umwelt.

Wind und Regen brachten die Radioaktivität bis in den Westen Europas - mit zum Teil ungewissen Langzeitfolgen. Insbesondere in der ehemaligen Sowjetunion sind diese jetzt spürbar: Die Zahl der Krebserkrankungen ist im stark verstrahlten Gebiet seit der Katastrophe signifikant gestiegen. Bis heute kommt es dort zu Missbildungen bei Neugeborenen. In Weissrussland sei die Rate von Schilddrüsenkrebserkrankungen bei Kindern weltweit am höchsten, wie die «Deutsche Welle» berichtet.

Jodtabletten für den Notfall

Ein Vierteljahrhundert nach der Atomkatastrophe in der Ukraine zittern und bangen nun die Japaner. Sollten in Fukushima oder Onagawa tatsächlich grosse Mengen Radioaktivität entweichen, müsste «schnellstens präventiv eine sogenannte Jodblockade mit stabilem Jod erfolgen», wie der deutsche Strahlenbiologe und Physiker Edmund Lengfelder in einem Interview mit dem Radiosender «B5 Aktuell» am Samstag erklärte.

Das Spurenelement werde in Form von Tabletten eingenommen. Dabei komme es in der Schilddrüse zu einer Sättigung mit stabilem Jod. Auf diese Weise würde verhindert werden, dass die Schilddrüse radioaktives Jod aufnehme. Der Entstehung von Schilddrüsenkrebs werde auf diese Weise vorgebeugt.

Radioaktivität - die unsichtbare Gefahr

In einer geringen Dosis spüren wir radioaktive Strahlung - zumindest zunächst - nicht. Wir können sie weder sehen noch riechen oder schmecken. Wir fürchten sie, und doch ist sie allgegenwärtig: denn täglich sind wir ihr ausgesetzt. Bestrahlt werden wir von allen Seiten, sei es durch kosmische Strahlung, die uns aus dem Weltall erreicht, oder durch sogenannte «terrestrische Strahlung». Abgesondert wird Letztere durch in der Erde angereicherte radioaktive Stoffe wie etwa Uran oder Radon.

Gemessen wird die auf den Körper wirkende Strahlendosis in Sievert (Sv) oder in Gray (Gy). Der mittlere Wert in der Schweiz liegt bei 2,2 Millisievert (0,0022) pro Jahr. Wie «n-tv» berichtet, sei umstritten, welche Auswirkungen diese Dosis auf den menschlichen Organismus habe. Gemäss dem Online-Portal «Goruma», könne ein Wert ab 0,2 Sv zu einer Veränderung des Erbgutes und einem Ansteigen des Krebsrisikos führen. Bei einer Dosis ab 6 Sievert gäbe es keine Überlebenschance mehr (siehe Bildstrecke oben).

Zellen können sich nicht mehr teilen

Die von radioaktiven Elementen ausgehende Strahlung kann - je nach Art und Intensität - zu chemischen und biochemischen Reaktionen in unserem Körper führen. Kommt es zu einer starken Kontamination durch ein für Lebewesen besonders gefährliches radioaktives Element, verlieren die Körperzellen ihre Teilungsfähigkeit. Offenbar wurden in Japan diverse radioaktive Stoffe freigesetzt, darunter Cäsium-137, Strontium-90 und Jod-131.

Wie «Spiegel Online» schreibt, könne Cäsium-137 mit seiner Halbwertzeit die Umwelt über 30 Jahre schädigen. Schleichend gelangt es über die Nahrungskette in den Organismus und lagert sich dort ein. Strontium-90 ist Calzium chemisch sehr ähnlich. Nach der Aufnahme kann es sich in den Knochen ansammeln. Durch die Nähe zu blutbildendem Gewebe steigt längerfristig das Leukämie-Risiko.

Da sich Hautzellen besonders schnell teilen, machen sich Strahlenschädigungen insbesondere am grössten Organ mit Malen rasch bemerkbar. Zu weiteren Symptomen der sogenannten Strahlenkrankheit können Haarausfall, grippeähnliche Symptome, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Appetitlosigkeit, Fieber, Schwindel oder Lähmungen zählen. Letztendlich kann eine massive Strahlenexposition zum Tod führen.

Krebs und geschädigtes Erbgut

Aber auch die langfristigen Folgen sind prekär: Die Gefahr einer Krebserkrankung ist durch die Belastung signifikant erhöht, das Erbgut kann geschädigt werden.

Noch ist unklar, in welcher Intensität die japanische Bevölkerung vom Austritt radioaktiver Strahlung aus den AKWs betroffen ist. Beim Eintreten eines GAUs entscheidet nicht zuletzt die Wetterlage darüber, welche kurz- und langfristigen Auswirkungen die Katastrophe mit sich bringt.

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