Lohntransparenz«Es nützt mir nichts, wenn ich weiss, was mein Kollege verdient»
In New York müssen Firmen neuerdings eine Lohnspanne angeben, wenn sie eine Stelle ausschreiben. In der Schweiz ist man sich uneins, ob das mehr Vor- oder Nachteile bringt.
- von
- Marino Walser
Darum gehts
Darum gehts
Seit dem 1. November ist in New York ein neues Gesetz in Kraft: Die Arbeitgeber im Big Apple müssen beim Stellenbeschrieb die Gehaltsspanne angeben. Diese Handhabung soll dazu dienen, geschlechtsspezifische und ethnische Lohnunterschiede zu verringern. In der Schweiz wird das noch kaum gemacht.
Das sagen Firmen, die den Lohn angeben
In erster Linie erleichtert es die Rekrutierung, sagt Kujtim Ameti vom Finanzberatungsunternehmen Pro Finanz Schweiz AG. «Am Ende des Tages kostet uns der Mitarbeitende so etwas mehr, dafür bewerben sich vor allem gut qualifizierte Personen auf den Job.» Zudem könne die Lohngleichheit so besser im Auge behalten werden.
Das Personalvermittlungsbüro Umano AG gibt die Lohnspanne im Stelleninserat an, um Bewerbende anzuziehen, die in die vorgegebene Lohnspanne passen. «Wir haben durchweg positive Rückmeldungen darauf erhalten», sagt Ben Espinosa. Ebenfalls erleichtere es die Bewerbungsgespräche, da bei der Frage nach dem Lohn bereits vorab alles transparent sei.
Das sagen Firmen, die darauf verzichten
Die Swica sieht eine Gefahr darin, dass zu schmale Bandbreiten überqualifizierte Bewerber für nicht ins letzte Detail definierte Stellen ausschliessen. «Wir haben Gehaltsspannen für einzelne Funktionen, diese sind aber aufgrund verschiedener Faktoren so breit, dass eine Publikation wenig Sinn macht», schreibt Swica auf Anfrage.
Eine Gehaltsspanne ist auch bei der Zürcher Kantonalbank kein Thema. Mitarbeitende erhalten eine «marktkonforme Vergütung». Die Entschädigung setzt sich aus dem Grundsalär, einer auf dem Konzernergebnis basierenden variablen Vergütung, gesetzlichen Zulagen und freiwilligen Zusatzleistungen zusammen.
Novartis hält sich an das neue Gesetz in New York. In der Schweiz hingegen sieht der Pharmariese von dieser Transparenz ab. Eine Gehaltsspanne in Stellenanzeigen könnte aus Sicht von Novartis das Wettbewerbsrecht in der Schweiz beeinträchtigen: «Eine zu hohe Lohntransparenz könnte dazu führen, dass ein Vorteil im Markt um Talente gegenüber wertschöpfungsschwächeren Mitbewerbern entstehen könnte.»
Das sagt der Arbeitgeberverband (SAV)
Die New Yorker Gesetzgebung soll in der Schweiz nicht zur Pflicht werden, ist der Arbeitgeberverband der Ansicht. Diverse Erhebungen zeigen, dass kaum unerklärbare Unterschiede in der Lohngleichheit zwischen Mann und Frau im Schweizer Arbeitsmarkt bestehen, so der SAV. Schweizer Unternehmen sollen selbst entscheiden, ob eine Gehaltsspanne für die Rekrutierung hilfreich sei. «Die Bewerbenden können jedoch gut abschätzen, welcher Lohn für welche Stelle angebracht ist», sagt Andy Müller vom SAV. Ausserdem können laut Müller in einer angegebenen Lohnspanne die Löhne trotzdem noch unterschiedlich ausfallen, da es eben eine Spanne ist und keine fixe Lohnsumme.
Das sagt die Politik
SVP: Firmeninhaberin und Nationalrätin Diana Gutjahr hält von einem solchen Gesetz nichts. Es bestehen dabei zwei Gefahren, aber kein Mehrwert: Zum einen ergebe sich die Gefahr, dass Unternehmen dann riesige Lohnspannen angeben würden, nur um dem Gesetz gerecht zu werden. Zum anderen würden die Softskills des Bewerbers kaum mehr berücksichtigt werden. Jeder Arbeitnehmende habe einen anderen Werdegang – Erfahrungen und Leistungen sollen dementsprechend entlohnt und nicht wegen einer Lohnspannen-Transparenz unbeachtet unter den Teppich gekehrt werden. «Es nützt mir nichts, wenn ich weiss, was mein Kollege verdient. Schlussendlich muss der Lohn für den Einzelnen stimmig sein.»
Grüne: Nationalrätin Meret Schneider bezeichnet die New Yorker Gesetzgebung als spannend. In der Schweiz sollten ähnliche Vorgaben geprüft werden. «Die Lohnspanne im Stelleninserat müsste aber sehr klein ausfallen, da sonst der Geschlechterunterschied nicht bereinigt werden würde.» Die Unternehmen seien im Wissen, welche Qualifikationen für den ausgeschriebenen Job vonnöten seien, darum sei eine Lohnspannen-Transparenz auch möglich.
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