Bundesratswahlen SP-Frauen wollen Marina Carobbio
Eigentlich sollte ein Mann die Nachfolge von Micheline Calmy-Rey antreten. Die SP-Frauen schlagen nun aber die Tessinerin Marina Carobbio vor.
Die SP-Frauen Schweiz sind der Meinung, dass die SP durchaus mit zwei Frauen im Bundesrat vertreten sein kann. Sie fordern daher die SP-Geschäftsleitung und die Bundeshausfraktion dazu auf, die Tessinerin Marina Carobbio aufs Kandidaten-Ticket zu nehmen.
«Marina Carobbio ist eine kompetente Politikerin und Frau», sagte Maria Roth-Bernasconi, Co-Präsidentin der SP Frauen Schweiz, der Nachrichtenagentur sda. Zudem habe sie als einzige der vier Bundesratskandidaten während des Hearings die Wichtigkeit des Geldes hervorgehoben.
«Geld und Macht sind eng verbunden», sagte Roth-Bernasconi. Das habe Marina Carobbio erkannt, weshalb sie ein sogenanntes Gender- Budgeting fordere. Marina Carobbio war am Samstag zusammen mit ihren Konkurrenten, Stéphane Rossini (VS), Alain Berset (FR) und Pierre- Yves Maillard (VD) den SP-Frauen Red und Antwort in Sachen Gleichstellungsfragen gestanden.
«Sparmassnahmen gehen häufig zu Lasten der Frauen», erklärte Marina Carobbio ihr Anliegen. Als Bundesrätin würde sie in einem Amt einen Pilotversuch mit dem Gender-Budgeting lancieren. Erweise es sich als erfolgreich, würde sie es in der Verwaltung einführen. Gender-Budgeting hat ein geschlechtergerechtes Budget zum Ziel.
Keiner ist sich zu schade, Windeln zu wechseln
Für Marina Carobbio war der Auftritt vor den SP Frauen Schweiz ein Heimspiel. Doch auch die drei Bundesratskandidaten fühlten sich im gut besetzten Saal in Bern wohl und profilierten sich mit ihren Erfolgen und Leistungen für die Gleichstellung.
Szenenapplaus konnte aber nur Pierre-Yves Maillard verbuchen, als er erklärte, die Übernahme von Familienpflichten wie Putzarbeiten oder Windelwechseln sei nicht unbedingt einfach ein Geschenk an die Frauen, sondern auch ein Geschenk für die Männer. Solche Aufgaben lasse er sich nicht mehr nehmen, seit er Kinder habe.
Maillard punktete jedoch nicht nur mit Familieninterna, sondern auch mit konkreten Vorschlägen für seine Schwerpunkte als möglicher künftiger Bundesrat: Lohngleichheit wolle er erreichen, indem er die Behörden dazu verpflichte, das entsprechende Gesetz zu kontrollieren. Es gehe nicht an, dass ein diskriminiertes Opfer noch für sein Recht kämpfen müsse, dies müsse der Staat tun.
Ausserdem wolle er sich für mehr Ergänzungsleistungen einsetzen und damit die Sozialhilfe entlasten. Es dürfe nicht sein, dass in vielen Familien Mutter und Vater je zu 100 Prozent arbeiten müssten, und am Ende des Monats bleibe nichts übrig.
Frauen in die Verwaltungsräte
Die Lohngleichheit zieht sich wie ein roter Faden durch die Forderungen und Ziele aller Kandidaten und der Kandidatin für die Nachfolge von Micheline Calmy-Rey. «Und vergessen wir nicht, Lohnungleichheit ist illegal», sagte Alain Berset.
Ein Anliegen ist für ihn aber auch die etappenweise Einführung der Gleichstellung von Frauen in Verwaltungsräten grosser Unternehmen nach dem Beispiel von Frankreich. Sein Beitrag an die Gleichstellung wäre aber auch gewesen auf eine Kandidatur zu verzichten, sässe mit Simonetta Sommaruga nicht schon eine Frau für die SP im Bundesrat.
Vor genau einem solchen Entscheid stand vor wenigen Jahren Stéphane Rossini, als der SP-Sitz im Walliser Staatsrat neu zu besetzen war. Er verzichtete zugunsten von Esther Waeber- Kalbermatten auf dieses Amt, weil die Walliser SP mit zwei Männern im Nationalrat vertreten war. Oberste Priorität hätte für ihn als Bundesrat jedoch der Kampf gegen Gewalt. Hier gelte es unbedingt eine Antwort zu finden.
Bezüglich der Männer wollen die SP-Frauen keine Empfehlung abgeben, sagte Roth-Bernasconi weiter. Alle drei Männer hätten mit ihrem Engagement für und ihrer Kompetenz in der Gleichstellungsthematik überzeugt, weshalb es nicht an den SP Frauen sei, eine Auswahl zu treffen.
Die JUSO hatte am vergangenen Wochenende den Waadtländer Staatsrat Pierre-Yves Maillard und den Freiburger Ständerat Alain Berset für die Bundesratswahl favorisiert. Die SP-Fraktion entscheidet voraussichtlich am 25. oder 26. November über den Wahlvorschlag zuhanden des Parlamentes. (sda)