Spanien trocknet aus
Verdorrte Felder, ausgetrocknete Flüsse und Stauseen, die auf ein Minimum geschrumpft sind: Im Nordosten Spaniens droht der Wassernotstand.
Fünf Millionen Menschen im Grossraum von Barcelona bangen um die Versorgung mit Trinkwasser. Die Stauseen in der Umgebung der zweitgrössten spanischen Stadt sind nur rund zu einem Fünftel mit Wasser gefüllt.
Wenn die Marke von 20 Prozent unterschritten wird, müssen die Behörden die erste Stufe des Wassernotstandes ausrufen und Einschränkungen verhängen. Davon werden in der ersten Phase die privaten Haushalte allerdings noch nicht betroffen sein.
Springbrunnen ohne Wasser
Schon jetzt sind in Barcelona die Springbrunnen abgestellt, die meisten Parkanlagen werden nicht mehr gegossen und die Strassen seltener gereinigt. Die Verschwendung von Trinkwasser ist unter Strafe gestellt. Wer seinen Swimmingpool füllt oder sein Auto wäscht, riskiert Geldbussen von bis zu 3000 Euro.
Spanien leidet unter der schlimmsten Dürre seit Jahrzehnten. Besonders kritisch ist die Lage in Katalonien im Nordosten, wo es seit anderthalb Jahren kaum geregnet hat. Wenn es in nächster Zeit keine ausgiebigen Niederschläge gibt, werden in Barcelona noch in diesem Monat Notstandsregelungen in Kraft treten.
Bangen um Touristen
Die Hoteliers befürchten, dass in der katalanischen Metropole und an der Costa Brava die Touristen ausbleiben. «Wenn uns das Wasser abgestellt wird, können wir dem Tourismus adiós sagen», warnt der Präsident des Hotelbesitzerverbandes, Jordi Clos. «Damit wäre das Image von Barcelona ruiniert, denn so etwas gibt es in keiner anderen Metropole in Europa.»
Martí Sabrià vom Hotelierverband der Costa Brava ergänzt: «Eine Dusche am Strand verursacht noch keine Wasserknappheit. Es wäre inakzeptabel, wenn auch nur ein Hotel sich seinen Gästen im Sommer mit leerem Pool präsentieren müsste.» Damit stelle Spanien sich auf die Stufe eines Landes der Dritten Welt.
Meerwasser als Brandlöscher
In einigen abgelegenen Dörfern Kataloniens versiegten bereits die Reservoirs. Dort versorgen Tankwagen die Bewohner mit Wasser. Die Feuerwehr stellt sich darauf ein, Waldbrände notfalls mit Wasser aus dem Mittelmeer zu löschen - trotz der schädlichen Konsequenzen, die das Meeressalz für die Böden hätte.
Die Behörden treffen Vorbereitungen, per Schiff und Bahn Wasser nach Barcelona zu bringen. Damit kann jedoch nur ein Bruchteil des Bedarfs gedeckt werden.
Weitergehende Massnahmen scheiterten bislang daran, dass die Politiker sich heillos zerstritten. Die Regierung Kataloniens will Wasser aus dem Segre, einem Zufluss des Ebro, über den Fluss Llobregat nach Barcelona umleiten.
Die spanische Zentralregierung untersagte dies jedoch. Nach ihrer Ansicht führt der Fluss nicht genügend Wasser. Zudem befürchtet Madrid Ärger mit den Anrainern des Segre und des Ebro.
Atheist fleht Schutzheilige an
Im «Krieg um das Wasser», wie die spanische Presse schreibt, stehen sich nicht nur Regierungen gegenüber, sondern auch Provinzen. Gerona und Lérida sträuben sich gegen eine Umleitung von Wasser aus ihren Flüssen nach Barcelona.
«Wenn sie Wasser haben wollen, sollen sie es sich vom Mars holen», skandierten Teilnehmer einer Kundgebung. Der katalanische Umweltminister Francesc Baltasar bat angesichts der Not die Schutzheilige der Region, die Jungfrau von Montserrat, um Regen. Dabei ist der ökosozialistische Politiker nach eigenem Bekunden Atheist.
(sda)