Spannungen zwischen USA und Russland prägten G8-Gipfel

Aktualisiert

Spannungen zwischen USA und Russland prägten G8-Gipfel

Der Gipfel der führenden Industriestaaten und Russland in St. Petersburg wurde von der Eskalation in Nahost überschattet und zeigte deutliche Spannungen zwischen Washington und Moskau auf.

Nach zähem Ringen haben sich die G8 auf eine gemeinsame Erklärung zur Nahost-Krise geeinigt und ein sofortiges Ende der Gewalt gefordert. Es sei «eine starke Botschaft mit einem klaren politischen Inhalt», sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Sonntag nach mehr als dreistündigen Verhandlungen in St. Petersburg. In der Erklärung fordert die «Gruppe der Acht» die Freilassung der entführten israelischen Soldaten und die Einstellung der Angriffe auf Israel. Anschliessend müsse auch Israel seine Militäraktionen einstellen.

«Wir wollen nicht zulassen, dass terroristische Kräfte und diejenigen, die sie unterstützen, die Chance bekommen im Nahen Osten ein Chaos anzurichten», betonte Merkel. «Und deshalb legen wir Wert darauf, dass Ursache und Wirkung der Ereignisse klar benannt werden.»

Der libanesischen Regierung sichert die G-8 ihre Unterstützung zu. Die UN-Resolutionen bezüglich des Südens Libanons müssten umgesetzt werden, sagte Merkel. «Und dazu fordern wir, dass zusätzlich zu den UN-Aktivitäten auch noch eine Beobachter- und Sicherheitsmission eingerichtet wird.» Die Einzelheiten müssten die Vereinten Nationen klären.

Zu Beginn des G-8-Gipfels hatten sich deutlich Differenzen hinsichtlich des Nahost-Konflikts zwischen den USA und Russland gezeigt. Während US-Präsident George W. Bush die volle Verantwortung für die Libanon-Krise bei der Hisbollah sah, äusserte sich der russische Präsident Wladimir Putin auch kritisch zum Vorgehen Israels.

Gipfel begann unter schlechten Vorzeichen

Die G-8 nahmen auch zum Atomstreit mit dem Iran und zu den nordkoreanischen Raketentests gemeinsam Stellung. Zur Nutzung der Kernenergie fand die Runde erwartungsgemäss keine gemeinsame Linie. Bis auf Deutschland bekannten sich alle G-8-Teilnehmer zu einer verstärkten Nutzung der Atomkraft. Als Zugeständnis an Merkel wurde in die Gipfelerklärung zur Kernenergie die Formulierung aufgenommen: «Wir erkennen an, dass die G-8-Mitglieder unterschiedliche Wege eingeschlagen haben, um Energiesicherheit und die Klimaschutzziele zu erreichen.» Merkel hatte vor dem Gipfel klar gemacht, dass sie am Atomausstieg wie mit dem Koalitionspartner SPD vereinbart nicht rütteln werde.

Der Gipfel hatte unter schlechten Vorzeichen begonnen. Gastgeber Putin fand bei einem bilateralen Treffen mit Bush am Samstag keine Zustimmung für eine Aufnahme Russlands in die Welthandelsorganisation (WTO). Die USA machten diese von einem besseren Schutz von geistigem Eigentum und Zusagen für die Einfuhr von Agrargütern abhängig. Russland ist das Land mit der grössten Wirtschaftskraft ausserhalb der WTO und benötigt für eine Aufnahme nur noch die Zustimmung Washingtons.

Die Spannungen zwischen den beiden Staatschefs wurden auch beim Thema Demokratieverständnis sichtbar. Bush sprach auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Putin von seinem Wunsch, die Demokratie auf der ganzen Welt voranzubringen. Als Beispiele nannte er die Presse- und Religionsfreiheit im Irak. Putin erklärte daraufhin: «Wenn ich ehrlich bin: Natürlich würden wir eine Demokratie wie im Irak nicht wollen.»

Erweiterte Runde am Montag

Am Montag geht der Gipfel zu Ende. Dann werden die Staats- und Regierungschefs Südafrikas, Brasiliens, Chinas, Indiens und Mexikos zur Gipfelrunde stossen. Dabei wird es erneut um Energiefragen gehen, aber auch um die festgefahrende Welthandelsrunde.

Demonstration nach nur zwei Minuten aufgelöst

Der Gipfel begann am Samstagabend mit einem Abendessen im prachtvollen Schloss Peterhof und wurde am Sonntag mit Arbeitssitzungen fortgesetzt. Die geplanten Protestkundgebungen gegen das Treffen wurden von den russischen Sicherheitskräften weitgehend unterbunden. In der Innenstadt von St. Petersburg versuchten etwa 50 Aktivisten, den Verkehr auf der Hauptverkehrsstrasse zu blockieren. Nach nur zwei Minuten hatte die Polizei die Demonstration aufgelöst. Dabei und bei zwei weiteren kleinen Kundgebungen wurden nach Angaben der Organisatoren insgesamt 37 Personen vorübergehend festgenommen, darunter auch Ausländer. Ein Polizeisprecher warnte, jeder Reporter, der über nicht genehmigte Proteste berichte, werde festgenommen.

Schweizer weiter in Haft

Nach vier Tagen in Haft sind zwei im Vorfeld des G8-Gipfels festgenommenen Deutsche wieder frei gekommen. Der zur gleichen Zeit wie die Deutschen verhaftete Schweizer sitzt aber weiterhin im Gefängnis.

Der 30-Jährige konnte von Vertretern des Schweizer Generalkonsulats besucht werden, wie es beim Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hiess. Der Vegetarier werde von den Konsulats-Vertretern mit Gemüse und Früchten versorgt, sagte die Mutter des Schweizers gegenüber der Nachrichtenagentur SDA.

Die deutschen Studenten waren vor einer Woche wegen des Vorwurfs, in der Öffentlichkeit uriniert zu haben, von der Polizei festgesetzt und am Mittwoch zu zehn Tagen Haft verurteilt worden. Am Samstag wurden die Fotografiestudenten nach eigenen Angaben vorzeitig freigelassen und nach Estland abgeschoben.

Quelle: SDA/AP

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