Jugendliche wehren sich«Sparen? Mit unseren Löhnen unmöglich»
Die 20-Minuten-Online-Leser halten nicht viel von einem speziellen Sparkonto, das Jugendliche vor Schulden retten soll. Sie schlagen dafür vor, die Steuern direkt vom Lohn der Jungen abzuziehen.
- von
- Jessica Pfister

Nicht mal genug Geld, um etwas in Sparkässeli zu tun. So tappen viele Jugendliche in die Schuldenfalle.
Ein steuerfreies Sparkonto mit grosszügiger Verzinsung soll Jugendliche vor Schulden bewahren. Das neuste Rezept der CVP gegen die Jugendverschuldung ist bei den Lesern von 20 Minuten Online höchst umstritten. Dies zeigt ein Blick auf die über 200 Kommentare.
«Sparen? Mit welchem Geld denn?», fragt Manuela F. Während ihres Studiums habe sie keinerlei finanzielle Unterstützung erhalten und deshalb bis zu 70 Prozent gearbeitet. Zusätzlich habe sie noch ein Darlehen von 15 000 Franken aufgenommen. «In meinem Anwaltspraktikum erhalte ich nun 1500 Franken brutto und bezahle damit die Krankenkasse, das GA, die Miete und die Verpflegung.» Nur dank ihrer überzogenen Kreditkarte komme sie knapp über die Runden. Leser Pat findet die Idee der CVP ebenfalls untauglich. Als Coiffeurlehrling verdiene er im ersten Lehrjahr 300 und im letzten 500 Franken. «Zu sparen ist mit diesem Lohn doch gar nicht möglich.» Und auch die 21-Jährige Conny beklagt sich: «Alles, was mir Ende Monat bleibt, brauche ich für Steuern, Auto und Krankenkasse.»
«Ich konsumiere, was das Zeug hält»
Dass Jugendliche mit einem Sparkonto nichts anfangen können, hat nicht für alle Leser mit den tiefen Löhnen zu tun, sondern oftmals mit der fehlenden Weitsicht. «Zinsen interessieren Junge nicht die Bohne, sie leben für den Moment und planen nicht längerfristig», schreibt A.K.. Dass er mit dieser Aussage nicht unrecht hat, zeigen Kommentare von Jugendlichen. «Ich will jetzt eine Playstation und nicht, wenn ich alt und grau bin», schreibt einer. «Ich bin 22 und konsumiere, was das Zeug hält», so ein anderer. Solange er keine Verpflichtungen wie eine Familie habe, wolle er das Leben doch geniessen.
Damit sie trotzdem nicht in die Schuldenfalle tappen, schlagen jugendliche Leser statt eines Sparkontos vor, die Steuern direkt vom Lohn abzuziehen. «Sonst haben wir immer mehr Geld zur Verfügung, als wir eigentlich ausgeben können und kommen so in Versuchung», begründet Sevillano die Idee. Dieser Meinung ist auch Siegfried Saner. «So könnten wir jungen Leute besser einschätzen, wie viel Geld wir tatsächlich haben und ausgeben dürfen.» Am Schluss des Jahres hätte man dann auch keine Schulden.
Heidi Schläpfer fände es noch besser, wenn Lehrlinge gesetzlich dazu verpflichtet würden, einen Drittel ihres Lohnes auf ein Bankkonto einzuzahlen. Peter K. hat mit einem ähnlichen System bereits positive Erfahrungen gesammelt. «Mein Lehrbetrieb hat jeden Monat 10 Prozent des Lohnes auf ein Konto überwiesen und das Geld am Ende der Lehre ausbezahlt.» Dabei sei ein schöner Batzen zusammengekommen. Einen kreativen Ansatz hat Leser René Brügger. Er empfiehlt ein Sparkonto, bei welchem die Jugendlichen von der Bank statt Zinsen Kinogutscheine oder ab einer gewissen Summe einen iPod erhalten.
Kreditkarten abschaffen
Für Maja Neaf tragen aber genau die Banken die Schuld an der Misere. «Schafft endlich die Kreditkarten für Jugendliche ab», fordert sie. Auch andere Leser sehen das Problem bei den «geldgierigen» Banken, die den Jugendlichen erlauben, ihr Konto zu überziehen. Der Wirtschaft generell die Schuld gibt D.M. Koller. «Länder verschulden sich, alle leben auf Pump, das lernen auch die Jungen.»
Deshalb seien vor allem die Eltern gefordert, findet Safi. «Ich bin selber Vater und es liegt an mir, meinen Kindern den Umgang mit Geld beizubringen.» Er gebe nur so viel aus, wie er sich leisten könne, unterschreibe keine Leasingverträge und beantrage keine Kredite. «So bin ich ein gutes Vorbild.» Und auch Kai R. findet, dass mit der Vermittlung der richtigen Werte die Jungen von Schulden verschont werden können. «Ein Drittklässler soll wissen, dass es Wichtigeres gibt als eine Markenhose zu besitzen.» Oftmals sei aber das Problem, dass Jugendliche heute von ihren Eltern immer mehr Geld erhielten und es sich nicht mehr selbst verdienen müssten.
«Nicht immer neue Klamotten»
Nicht so Addario. Er hat nach seiner vierjährigen Lehre zwei Jahre gearbeitet und in dieser Zeit 50 000 Franken gespart. «Für mich hiess das: Nicht immer neue Klamotten und auch nicht jedes Wochenende in den Ausgang.» Mit dem Geld habe er schliesslich eine private Hochschule selbst finanziert. Auch Lehrling Nico konnte sich ohne die Unterstützung seiner Eltern ein iPhone und ein Motorrad kaufen und hat sich dabei nicht verschuldet. Auch er verzichtet dafür auf Clubbesuche am Wochenende. «Wer weiss, was er will, kann sich auch als Lehrling etwas leisten.» Der 24-jährige Juju Pitch weiss, wie sich Schulden anfühlen. «Ich hatte vor fünf Jahren einen Durchhänger und habe mir einen Schuldenberg von zirka 30 000 Franken eingebrockt.» Heute sei er nicht mehr pleite. Sein Rezept ist simpel: Man solle aufhören mehr auszugeben, als man besitze.
Tipps gegen die Schuldenfalle
Handy Was brauche ich für ein Abo? Welche Vor- und Nachteile bringt es mit sich? Wo ist es am günstigsten? Auf www.comparis.ch gibt es den Vergleich. Die Stiftung für Konsumentenschutz empfiehlt den Jugendlichen ein Prepaid-Abo zu lösen - damit man den Überblick über die Kosten nicht verliert.
Budget Zusammen mit den Eltern ein Budget mit den monatlichen Einnahmen und Ausgaben erstellen. Wie viel kostet mein Hobby, wie viel dürfen Kleider und sonstige Vergnügen kosten? Dank einem Budget wird klar, was ich mir überhaupt leisten kann.
Konto Wenn ich das Konto nicht überziehen kann, besteht auch keine Versuchung, noch mehr Geld abzuheben. Also: Überzugslimite auf null festlegen. Jugendliche mit einem festen Lohn sollten Daueraufträge einrichten und einen monatlichen Fixbetrag auf ein separates Sparkonto überweisen.
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