Spitzelaffäre: Ermittler durchsuchen Telekom-Zentrale

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Spitzelaffäre: Ermittler durchsuchen Telekom-Zentrale

Die Staatsanwaltschaft Bonn hat Ermittlungen in der Bespitzelungsaffäre bei der Telekom aufgenommen. Die Ermittler durchsuchten am Vormittag Büros in der Konzernzentrale, wie aus Unternehmenskreisen bekannt wurde. Vom Unternehmen gab es zunächst keine Stellungnahme.

Die Telekom hatte Mitte Mai bei der Staatsanwaltschaft praktisch Selbstanzeige erstattet, nachdem intern aufgedeckt worden war, dass in den Jahren 2005 und 2006 Journalisten, Aufsichtsräte und möglicherweise auch Vorstandsmitglieder von der Telekom-Konzernsicherheit bespitzelt wurden. Durch Abgleich von Telefon-Verbindungsdaten sollte ermittelt werden, wo die undichte Stelle im Unternehmen war, durch die sensible Informationen an die Medien sickerten. Dieses Vorgehen könnte als Verletzung des Fernmeldegeheimnisses und als Verstoss gegen das Datenschutzgesetz strafbar sein.

Unterdessen wurden neue Vorwürfe gegen die Telekom erhoben. Nach einem Bericht der «Financial Times Deutschland» soll ein Journalist der Zeitung schon im Jahr 2000 ausgespäht worden sein. Vorstandschef der Telekom war damals Ron Sommer. Ein Telekom-Sprecher sagte dazu, der gegenwärtigen Unternehmensführung sei davon nichts bekannt.

Ausspähung durch Privatdetektive

Nach dem Zeitungsbericht sollen in dem Fall im Jahr 2000 nicht - wie 2005 und 2006 - Telefon-Verbindungsdaten ausgewertet worden sein. Vielmehr habe eine von Ex-DDR-Geheimdienstlern geführte Wirtschaftsdetektei den Journalisten observiert und sogar versucht, mit verdeckter Kamera Unterlagen in seinem Kölner Büro zu dokumentieren.

Die Telekom wehrte sich unterdessen gegen Kritik an ihrem Umgang mit dem im Sommer 2007 aufgedeckten Fall aus dem Jahr 2005. Damals hatte eine Berliner Beratungsunternehmen durch Abgleich von Telefondaten die Verbindung eines Journalisten der Zeitschrift «Capital» mit einem Aufsichtsrat der Arbeitnehmerseite nachgewiesen.

Die Telekom informierte allerdings weder den betroffenen Journalisten noch Staatsanwaltschaft oder Öffentlichkeit. Als im April 2008 Hinweise auf weitere ähnliche Fälle im Jahr 2006 bekannt wurden, schaltete die Telekom die Staatsanwaltschaft ein. An die Öffentlichkeit ging der Konzern allerdings erst, als die Affäre am Wochenende durch einen Bericht des «Spiegel» ruchbar wurde.

Auch Zumwinkel gegen frühzeitige Veröffentlichung

Die Telekom betonte, der Vorstandsvorsitzende René Obermann habe mit den Vorgängen aus dem Jahr 2005 nichts zu tun. Sprecher Philipp Schindera erklärte, dass die Öffentlichkeit oder die Staatsanwaltschaft damals nicht informiert wurden, habe auch mit dem gerade laufenden Streik zu tun gehabt. Zudem hätte eine öffentliche Debatte eine schnelle Lösung des Problems erschwert.

Obermann habe über die Art und Weise der Abarbeitung des Vorfalls damals «in kritischem Gedankenaustausch» mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Zumwinkel gestanden. Auch dieser habe «von einem auch aus dessen Sicht verfrühten schädlichen Gang an die Öffentlichkeit dringend abgeraten».

Die Telekom hob zudem hervor, dass Obermann nach internen Ermittlungen durch einen Ex-Staatsanwalt den Sicherheitschef des Konzerns ausgewechselt und die gesamte Abteilung umgebaut und zudem mit einem ehemaligen BKA-Vizechef als Berater eine zusätzliche Kontrollinstanz geschaffen. (dapd)

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