FrauenrechtsprotestSt. Gallerin in Minsk im Gefängnis – das schrieb sie in der letzten Whatsapp-Nachricht
Die St. Gallerin Natalie Hersche kämpft in Belarus für ihre und die Rechte ihrer Mitbürgerinnen – nun drohen ihr fünf Jahre Haft.
- von
- Céline Krapf
Darum gehts
- In Minsk wurde am 19. September die weissrussisch-schweizerische Doppelbürgerin Natalie Hersche verhaftet.
- Der St. Gallerin drohen fünf Jahre Gefängnis wegen mutmasslichen Widerstands gegen die Polizei.
- Seit ihrer Verhaftung am 19. September ist der Kontakt zu ihr abgebrochen, weder ihr Lebenspartner noch ihr Bruder können direkt mit ihr kommunizieren.
«Ich bin verhaftet», schreibt Natalie Hersche am 19. September in einer Whatsapp-Nachricht. «Alles wird gut.» Es sind die letzten Worte, die Robert Stäheli (55) seitdem von seiner Lebenspartnerin empfangen hat. Die St. Gallerin wurde nach einem grossen Frauenrechtsprotest in Minsk ins Gefängnis gesperrt. «Seitdem fehlt jeder direkte Kontakt», sagt ihr Partner. Nur über einen Kontakt der Anwältin wisse er, dass seine Freundin wohlauf sei.
Die letzte Konversation von Natalie Hersche mit ihrem Partner.
Die schweizerisch-weissrussische Doppelbürgerin reiste am 11. September in ihre Heimat, um an Protesten gegen die Regierung Alexander Lukaschenkos teilzunehmen. «Die Unruhen im Land beschäftigten sie enorm», sagt Stäheli. Sie freute sich: «Endlich kämpfen Menschen gegen die Ungerechtigkeit in Belarus.» In ihrem Leben habe die zweifache Mutter die Unterdrückung im Land hautnah miterlebt. «Natalie ging nicht aus Naivität. Sie hatte Angst – und ging genau deshalb dorthin: um gegen diese Repression zu demonstrieren.»
Vor ihrer Abreise hätten Robert Stäheli und seine Partnerin über das Risiko gesprochen, dem sie sich aussetzen würde mit der Aktion. Und trotzdem: «Ich spürte, dass sie gehen muss, und wollte sie nicht aufhalten. Natalie wollte für ihre und die Rechte ihrer Mitbürgerinnen kämpfen.»
Laut Stäheli schickte Natalie Hersche dieses Video aus dem Gefängnistransporter.
Nathalie Hersche wird vorgeworfen, dass sie Widerstand gegen die Polizei geleistet habe. Dafür könnte sie zu fünf Jahren Haft verurteilt werden. Sie beteuert aber ihre Unschuld: Auf einem Stück Stoff, das von ihrer Zellengenossin am Mittwoch aus dem Gefängnis geschmuggelt wurde, notierte die St. Gallerin eine Beschwerde. Die Untersuchungshaft dauert noch bis zum 4. Oktober – wird kein Urteil gefällt, müsste die zweifache Mutter dann spätestens freigelassen werden.
Keinen direkten Kontakt zur Inhaftierten
Unterstützung vor Ort bietet der Bruder der Inhaftierten. Dieser arbeitet in Minsk als Chirurg und koordiniert mit der Anwältin das Vorgehen. Lebenspartner Robert Stäheli kann in Minsk ohne Sprachkenntnisse und Netzwerk wenig ausrichten. Ihn belaste die Situation sehr. «Ich versuche, mich abzulenken und mir keine falschen Hoffnungen zu machen», sagt er. «Die Situation ist absolut unberechenbar, und es kursieren viele schlimme Gerüchte rund um die Haftbedingungen in Belarus.»
Robert Stäheli und Partnerin Natalie Hersche.
Die Schweizer Botschaft versuche, in direkten Kontakt mit der Verhafteten zu treten – bislang erfolglos. Das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bestätigte bislang, dass Nathalie H. konsularischen Schutz bekommen solle.
Jack Errara
02.10.2020, 15:47
Wie steht's mit der Bestrafung dieser Schweizerin Bürgerin bezüglich Anwendung des Gesetzesartikels, wonach Schweizer Bürger bestraft werden, wenn sie die schweizerische Neutralität durch ihre Einmischung in fremde Händel verletzen.
simon
02.10.2020, 04:07
das wird wohl niemanden dort interessieren was die schweiz für seine bürgerin tun will