BaselErmittler haben schon 178 Bilder und Videos von Angriff auf Kinderfest
Am Sonntag attackierten mutmassliche Anhänger der kurdischen Terrororganisation PKK ein türkisches Kinderfest in Basel. Gibt es bald eine öffentliche Fahndung nach den Tätern?
- von
- Lukas Hausendorf
Zahlreiche Augenzeugen hielten die Attacke auf das Kinderfest am Sonntag in Basel fest.
Darum gehts
Auf dem Marktplatz Basel kam es am Sonntagabend zu einer Massenschlägerei.
Mutmassliche PKK-Anhänger hatten ein türkisches Kinderfest mit Gewalt gestört.
Die Staatsanwaltschaft erhielt bereits 178 Bilder und Videoclips von der Tat.
Das türkische Kinderfest in Basel war schon fast zu Ende, als am Sonntag ein Mob von über 30 Männern auf die Festbesucherinnen und -besucher losging. Bei den Angreifern soll es sich laut Augenzeuginnen und -zeugen um Anhänger der kurdischen Arbeiterpartei PKK gehandelt haben. Mehrere Personen wurden verletzt, darunter auch die Organisatoren des Fests. Fünf Angreifer im Alter von 24 bis 30 Jahren wurden festgenommen.
Die Staatsanwaltschaft hatte schon am Sonntag ein Upload-Formular eingerichtet, um Fotos und Videos des Vorfalls zu sammeln. Bis am Mittwoch gingen 178 Bilder und Videoclips ein, wie die Behörde auf Anfrage mitteilte. «Unser Kriminalisten sind daran, das Datenmaterial auszuwerten», so Mediensprecher Martin Schütz. Die Videos und Fotos liefern den Ermittlern nicht nur Hinweise auf die Täterschaft, sondern können auch helfen, den Tathergang zu rekonstruieren. Zudem sind sie für die Fahndung der noch nicht identifizierten Tatbeteiligten ein Trumpf im Ärmel der Behörde.
Erhalten die Täter bald ein Ultimatum?
Im Nachgang zu schweren Ausschreitungen an Fussballspielen oder Demonstrationen hat die Staatsanwaltschaft schon wiederholt zum Mittel der Öffentlichkeitsfahndung gegriffen. Dabei kommt stets ein mehrstufiges Verfahren zu Anwendung. Zunächst wird eine Frist kommuniziert, in der sich Tatbeteiligte selbst der Behörde stellen können. Lassen sie diese verstreichen, werden anonymisierte Bilder veröffentlicht und die gesuchten Personen erhalten wiederum eine Frist, bevor die unbearbeiteten Aufnahmen veröffentlicht werden.
Eigentlich kommt die Öffentlichkeitsfahndung vor allem bei schweren Straftaten zum Zug, wenn an der Aufklärung ein erhebliches öffentliches Interesse besteht. Dieses Mittel ist gemäss Empfehlung der Schweizerischen Staatsanwälte-Konferenz auch zulässig bei Ausschreitungen oder Krawallen, wenn eine konkrete Gefährdung von einer grossen Zahl von Personen vorliegt, selbst wenn die Delikte weniger schwerwiegend sind. Voraussetzung ist aber immer, dass alle übrigen polizeilichen Ermittlungs- und Fahndungsmassnahmen ausgeschöpft sind. Das Mittel ist allerdings nicht unumstritten. Juristen kritisieren, dass damit eine Vorverurteilung einhergehe und die Unschuldsvermutung verletzt werde.
Ob und wann es im vorliegenden Fall zur Öffentlichkeitsfahndung kommen wird, verrät die Basler Staatsanwaltschaft nicht. Zu einzelnen Verfahrensschritten äussere man sich nicht, so Schütz. «Sollten wir es als sinnvoll und notwendig erachten, würden wir dies auf den dafür vorgesehenen Wegen kommunizieren.»
Kurden distanzieren sich von Gewalt
In einer Stellungnahme verurteilte die Demokratische Gesellschaft der Kurden in der Schweiz die Gewalt und distanzierte sich «klar von diesem Vorfall». Die kurdischen Vereine hätten mit den Geschehnissen vom Sonntagabend nichts zu tun. Sie halten in ihrer Mitteilung fest, dass «eine Gruppe kurdischer Jugendlicher gegen dieses Ereignis protestiert hat». Der CDKS wirft den Veranstaltern vor, dass das Kinderfest zu einem Propaganda-Event für die türkische Regierung gemacht worden sei. Diese besetze und greife kurdische Gebiete an. Die Organisatoren des türkischen Kinderfests waren für eine Stellungnahme noch nicht erreichbar.
Kinderfest
Das Kinderfest wird in Basel seit Jahren vom Türkischen Schulverein organisiert und gilt als unpolitische Veranstaltung. Der Feiertag der Nationalen Souveränität und des Kindes wird eigentlich am 23. April begangen und ist seit 1921 ein offizieller Feiertag in der Türkei. Es geht auf den türkischen Staatsgründer Kemal Atatürk zurück, der den Gründungstag der türkischen Nationalversammlung, die den Grundstein für die moderne Türkei legte, auch den Kindern widmete.
PKK
Die PKK entstand in den 1970er-Jahren und hat die Gründung eines unabhängigen kurdischen Staates zum Ziel. Sie bedient sich militanter Methoden und wird von der Türkei, der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft und verboten. In der Schweiz wurde sie bislang nicht verboten, der Nachrichtendienst des Bundes bezeichnet sie aber ebenfalls als «terroristische Gruppierung». Die Türkei befindet sich seit 1984 in einem bewaffneten Konflikt mit der PKK.
Bist du oder ist jemand, den du kennst, von sexualisierter, häuslicher, psychischer oder anderer Gewalt betroffen?
Hier findest du Hilfe:
Polizei nach Kanton
Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz
Lilli.ch, Onlineberatung für Jugendliche
Frauenhäuser in der Schweiz und Liechtenstein
Zwüschehalt, Schutzhäuser für Männer
LGBT+ Helpline, Tel. 0800 133 133
Alter ohne Gewalt, Tel. 0848 00 13 13
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Beratungsstellen für gewaltausübende Personen