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Zu teuer«Stadt der Zukunft» ist jetzt Hippie-Kommune

Mitten in der Wüste von Arizona steht die Stadt der Zukunft, gebaut für rund 5000 Bewohner. Heute leben dort ein paar Dutzend Hippies.

M. Steiger
von
M. Steiger
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Das ist Arcosanti, eine «Stadt der Zukunft», die Ende der Sechziger geplant wurde.

Das ist Arcosanti, eine «Stadt der Zukunft», die Ende der Sechziger geplant wurde.

Carwil / CC BY-SA 4.0
Arcosanti, entworfen vom italienischen Architekten Paolo Soleri, sollte eine Art urbanes Öko-Testgelände werden.

Arcosanti, entworfen vom italienischen Architekten Paolo Soleri, sollte eine Art urbanes Öko-Testgelände werden.

kallahar / CC BY 3.0
In Arcosanti sollte es keine Autos geben, keine Glühbirnen und keine Klimaanlagen.

In Arcosanti sollte es keine Autos geben, keine Glühbirnen und keine Klimaanlagen.

Cody / CC BY 2.0

Seit fast fünf Jahrzehnten baut die Cosanti Foundation eine futuristische Stadt in der Wüste von Arizona. Die Stadt, die die Gruppe baute, sollte die Zukunft des urbanen Lebens sein, eine ökologische Gemeinschaft.

Heute ist das Projekt erst zu fünf Prozent abgeschlossen. Die erwarteten 5000 Bewohner zogen nie ein und die Stadt ist eine kleine Hippie-Kommune mit ein paar Dutzend Bewohner.

Von einem Italiener entworfen

Die Stadt, die Arcosanti heisst, wurde vom italienischen Architekten Paolo Soleri entworfen. Er träumte von einer Stadt, die als ökologisches Testgebiet genutzt werden konnte: Wo lässt sich überall Strom sparen, wie kann man eine Stadt nachhaltig gestalten? Ein wichtiger Teil dieser Idee waren Autos: Davon sollte es in Arcosanti nämlich kein einziges geben.

Ironischerweise ist die Stadt aber so abgelegen, dass sie praktisch nur per Auto zu erreichen ist. Geplant war ausserdem, dass es keine Lampen und keine Klimaanlagen geben soll – Licht gibt es, wenn die Sonne scheint, und die umliegende Vegetation sollte genügend Schatten spenden.

Gebaut von Studenten, Freunden und Anhängern

Soleri war nicht einfach irgendein Architekt: Er war ein Schützling des berühmten Architekten Frank Lloyd Wright. Ende der Sechziger kaufte Soleri das Land, auf dem Arcosanti heute steht. Die Arbeit an der Stadt kostete ihn allerdings nichts.

Soleri hatte eine ganze Reihe treuer Anhänger, eine Mischung aus Studenten, Architekten, Journalisten, Filmemachern und anderen Freiwilligen. Soleri selbst war aber keineswegs untätig: Er lebte auf dem Grundstück und arbeitete mit.

Zu teuer, zu kompliziert

Viele von Soleris Ideen scheiterten am Geld: Sie waren einfach zu teuer in der Umsetzung, zu schwer zu finanzieren. Mit der Zeit ging dem Architekten das Geld aus und nach und nach liessen ihn seine Helfer im Stich.

Als Soleri 2013 starb, war in Arcosanti seit 25 Jahren kein neues Haus mehr gebaut worden. Heute leben rund 80 Menschen in Arcosanti, die sich selbst Arconauten nennen. Die meisten bekommen von der Cosanti Foundation einen Mindestlohn, um die Stadt in Stand zu halten.

Unterhalt und Bronze-Glocken

Die Bewohner müssen pro Woche rund 40 Stunden «an der Stadt arbeiten» – also in der Administration, auf dem Bau oder in den Geschäften. Ein grosser Teil des Einkommens generiert das Unternehmen Cosanti Originals, das Bronze-Glocken produziert.

Die «Miete» in Arcosanti ist tief: Für nur gerade 75 Dollar pro Woche (280 Dollar pro Monat) bekommen die Bewohner Rabatt auf die vor Ort produzierten Lebensmittel, eine Unterkunft und Zugang zu den öffentlichen Einrichtungen wie Swimmingpools und Bibliotheken. Dazu gibt es wöchentliche Feste, Diskussionen und Workshops.

Mischung aus Kommune und Sekte

Arcosanti ist eine enge Gemeinschaft. Wer Teil davon werden möchte, der muss der Stadtverwaltung einen Brief mit Begründung schreiben und, falls er als Bewohner in Frage kommt, einen mehrwöchigen Workshop absolvieren.

In den Workshops geht es aber nicht nur um die Ideologie und Soleris Vision, sondern auch um handwerkliche Tätigkeiten: Die neuen Bewohner lernen auch alles, was es braucht, um die Stadt in Stand zu halten. Übrigens: Alle sind in Arcosanti gleichberechtigt, ausser bei der Häuserwahl. Je länger der jeweilige Bewohner in Arcosanti gewohnt hat, desto bessere Chancen hat er auf die besseren Häuser.

Visionen nicht alle umgesetzt

So schön Soleris Visionen waren: Umgesetzt sind sie heute nur teilweise. Manche Bewohner verzichten auf Klimaanlagen und pflanzen ihre eigenen Lebensmittel an. Viele kaufen aber noch immer in Läden ein – und fahren ausserhalb der Community noch Auto.

Die Bewohner wechseln aber auch häufig: Rund die Hälfte der Bewohner bleibt zwischen sechs Monaten und maximal fünf Jahren. Etwa 30 Prozent bleiben zwischen fünf und zehn Jahren. Die restlichen 20 Prozent werden «Lifers» genannt – sie sind von Anfang an dabei gewesen und werden wohl auch bleiben.

Arcosanti ist heute vor allem kultureller Treffpunkt: Es gibt diverse Festivals, geführte Touren und die Stadt arbeitet mit diversen Universitäten zusammen, die vor Ort Soleris Idee studieren wollen.

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