Unverfälschte Erfahrung: Stars verbannen Handys aus dem Publikum

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Unverfälschte ErfahrungStars verbannen Handys aus dem Publikum

Musiker haben bei Konzerten keinen Bock mehr auf Handys. Pannen und brandneue Songs sollen schliesslich wohlgehütete Geheimnisse bleiben.

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Adele stinken Handys im Publikum gewaltig: An einem Konzert in Verona stauchte sie einen filmenden Fan zusammen: «Ich bin doch keine DVD-Show», rief die Sängerin.

Adele stinken Handys im Publikum gewaltig: An einem Konzert in Verona stauchte sie einen filmenden Fan zusammen: «Ich bin doch keine DVD-Show», rief die Sängerin.

AP/Matt Sayles
Wesley Schultz von The Lumineers hat laut der «Washington Post» keine guten Erfahrungen mit Adeles Strategie gemacht. Für ihn ist Yondr die Lösung - ein verschliessbarer Beutel, in den Zuschauer ihr Handy stecken müssen. «Damit können die Leute ihr Baby immer noch im Arm halten.»

Wesley Schultz von The Lumineers hat laut der «Washington Post» keine guten Erfahrungen mit Adeles Strategie gemacht. Für ihn ist Yondr die Lösung - ein verschliessbarer Beutel, in den Zuschauer ihr Handy stecken müssen. «Damit können die Leute ihr Baby immer noch im Arm halten.»

Keystone/Ennio Leanza
Auch Alicia Keys setzt auf das grün-graue Gummi-Beutelchen. Vor ihrem Konzert in New York mussten alle Konzertbesucher ihr Smartphone darin verstauen. Zu öffnen ist der Handy-Versteckbeutel nur mit einem speziellen Gerät.

Auch Alicia Keys setzt auf das grün-graue Gummi-Beutelchen. Vor ihrem Konzert in New York mussten alle Konzertbesucher ihr Smartphone darin verstauen. Zu öffnen ist der Handy-Versteckbeutel nur mit einem speziellen Gerät.

AP/Luca Bruno

Adele haute es an einem Konzert im norditalienischen Verona den Nuggi raus: «Ich will dieser Frau sagen, dass sie aufhören soll zu filmen. Das ist das echte Leben. Ich bin keine DVD-Show», motzte die 28-Jährige einen Fan an. Den Beweis für diesen Ausbruch gibt es – logo – auf Video. Und das nervt manche Stars der Musikbranche. Aktuellstes Beispiel: Alicia Keys hat Handys bei einem Konzert in New York verboten. Die Fans sollen die Künstlerin richtig erleben, echt live dabei sein und nicht den Auftritt durch eine zwischengeschaltete Apparatur entseelen.

Die Sängerin hat deshalb durchgegriffen: Fans mussten ihre Telefone noch vor der Tür in Spezialbeutel namens Yondr stecken. Die gummiartigen Dinger werden fest verschlossen und sind analog zu Sicherungen im Laden nur per Spezialgerät zu öffnen. Ein Geschäftsmann aus San Francisco hat den Beutel erfunden und macht nun wahrscheinlich das Geschäft seines Lebens. Denn: In den USA wurde das grün-graue Ding schon öfter erfolgreich getestet – zum Beispiel bei den Warm-up-Shows von Chris Rock vor der diesjährigen Oscar-Verleihung oder bei der Spontan-Reunion von Guns N'Roses in Los Angeles.

Mit Beutel haben «Leute ihr Baby dabei»

Auch Lumineers-Sänger Wesley Schultz sieht in der Verbannung der Handys in einen Beutel die Lösung. «Du kannst das Publikum während der Show anschreien oder wie ein Kind behandeln. Das Problem ist: Sie benehmen sich dann auch alle wie Kinder», sagte er zur «Washington Post». Der Yondr-Beutel sei eine tolle Lösung. «Dann können die Leute ihr Baby trotzdem noch im Arm tragen.»

Irgendwie ist das Gemotze rund um die bösen Handys an Konzerten ja nachvollziehbar. Oder hätten Sie Spass daran, wenn Ihre geplatzte Hose nur Sekunden nach dem Malheur schon auf tausenden Social-Media-Accounts die Runde macht? Wohl nicht. Das Gegenargument: Sie verdienen vermutlich auch keine Millionen durch Ihre gesanglichen Fähigkeiten auf der Bühne und müssen mit so etwas rechnen.

Leaks sind das eigentliche Problem

Das eigentliche Problem könnte aber ein ganz anderes sein. Yondr-Erfinder Graham Dugoni erklärt: «Stars können gar kein neues Material mehr an ihrem Publikum ausprobieren. Die Gefahr ist zu gross, dass die Songs vor dem Release schon ins Netz leaken.» Die Begründung ist nachvollziehbar – auch das Konzept des Konzertbesuchers als Versuchskaninchen ist nicht neu.

In der Schweiz gibt es noch keine Beutel für Handys. Dafür das Silo-Festival, das in diesem Jahr keine Telefone auf dem Gelände zuliess. Ein paar Leute sind deshalb nicht hingegangen, andere haben es vielleicht besonders genossen.

Unter dem Strich bleibt doch eine Frage: Wie oft sitzen Sie zu Hause und schauen sich das wackelig gefilmte Adele-Konzert noch einmal auf dem Sofa an? Und für die Erinnerung reichen doch auch ein paar Bilder. Oder ganz altmodische Dinge wie der Kopf und das Herz.

So funktioniert der Handy-Beutel

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