«I can English understand»Stolpert Parmelin über mangelhaftes Englisch?
Guy Parmelin hätte mit seinen Englischkenntnissen international kaum Karrierechancen, glaubt ein Headhunter. Doch wie wichtig sind Sprachkenntnisse als Wirtschaftsminister?
- von
- D. Krähenbühl
Der ehemalige Westschweizer Weinbauer verlässt das VBS und ist neu für das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) zuständig. Unter anderem verantwortet er zukünftig weitere Gesprächsrunden zu den Freihandelsabkommen mit Vietnam, Indien, Malaysia oder den USA. Zudem muss er viel Fingerspitzengefühl beweisen, damit die Schweiz auch beim Nachfolger des EU-Forschungsprogramms «Horizon 2020» dabei sein darf. Die Verhandlungssprache wird in den meisten Fällen Englisch sein.
Parmelin selbst schätzt seine Englischkenntnisse offenbar bescheiden ein. Als der damalige SVP-Bundesratskandidat vor drei Jahren nach seinen Kenntnissen gefragt wurde, antwortete er: «I can English understand but je préfère répondre en français.»
An der Pressekonferenz vom Montag zur Departementsrochade sagte der SVP-Bundesrat: «Bei komplexen Themen gab es bereits im VBS die Möglichkeit, einen Übersetzer beizuziehen.» Er fühle sich aber im passiven Englisch – sprich: im Hörverständnis – relativ sicher.
Keine Chance in Privatwirtschaft
Würden diese Sprachkenntnisse auch in der Privatwirtschaft ausreichen? «Nein», sagt der Headhunter Frank Zwicky, Schweiz-Chef des Executive-Search-Unternehmens IESF. «In einer Führungsposition im internationalen Umfeld hätte man ohne sehr gute Englischkenntnisse definitiv Schwierigkeiten, eine Anstellung zu finden.»
«In einer Führungsposition im internationalen Umfeld hätte man ohne Englischkenntnisse definitiv Schwierigkeiten, eine Anstellung zu finden.»
Zwischen der Politik und der Privatwirtschaft gibt es aber einen gewichtigen Unterschied: «Wir haben die entsprechende Auswahl und können zwischen dem bestmöglichsten Kandidaten auswählen.» Die Politik habe diesen Luxus nicht. «Dort muss man sich mit den Leuten begnügen, die nun mal zur Verfügung stehen», sagt Zwicky.
«Englisch als Weltsprache ist ein Muss»
Doch wie wichtig sind gute Englischkenntnisse für einen Wirtschaftsminister? «Englisch als Weltsprache ist ein Muss», sagt der Spitzendiplomat und ehemalige Nationalrat Tim Guldimann. Gerade, wenn man sich auf dem internationalen Politparkett bewege. Die mangelnden Sprachkenntnissen könnten für Parmelin zum Stolperstein werden. Ein Bundesrat leite Verhandlungen seines Departements zwar nicht selber, trotzdem sei es essentiell, dass man mit den Entscheidungsträgern direkt kommunizieren könne. Guldimann: «Mit dem persönlichen Gespräch wird ein Vertrauensverhältnis geschaffen, das über einen Dolmetscher nur ungleich schwerer aufgebaut werden kann.»
Als Beispiel führt Guldimann die Auslandsreise der damaligen Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey an, die 2011 in Berlin Werbung für die Weiterführung des bilateralen Wegs machte. Guldimann: «Calmy-Rey unterhielt sich mit Merkel damals auf Deutsch, was bei Merkel sehr viel Goodwill schuf – die Bundeskanzlerin war es nicht gewohnt, dass Leute aus dem französischen Sprachraum Deutsch mit ihr sprechen.» Wenn jemand behaupte, es sei als Bundesrat unwichtig, über Fremdsprachenkenntnisse zu verfügen, «ist das Chabis».
«Andere Politiker sprechen keine Fremdsprachen»
«Es ist völlig normal, dass hohe Regierungsbeamte bei Verhandlungen Dolmetscher dabeihaben», sagt hingegen die Konferenzdolmetscherin Han Yan, die auch schon für das Aussendepartement EDA tätig war. «Amerikanische und chinesische Politiker sprechen sowieso keine Fremdsprache, französische oder deutsche meistens auch nicht.» Etwa Merkel habe sie noch nie Französisch sprechen gehört. «Von daher wäre es unfair, von einem Schweizer Bundesrat zu verlangen, perfekt Englisch zu können.»
«Es wäre unfair, von einem Schweizer Bundesrat zu verlangen, perfekt Englisch zu können.»
Wer eine Fremdsprache – gerade bei komplexen Themen – nicht auf dem Niveau eines Muttersprachlers beherrsche, sei aber klar im Nachteil, sagt Yan. «Man fühlt sich unsicher, was das Gegenüber als Schwäche deuten könnte.» Jedoch sei es von Vorteil, wenn Politiker in der Sprache des jeweiligen Gegenübers beispielsweise beim Apéro Smalltalk führen könnten, um die Atmosphäre aufzulockern.
«Französisch ist Diplomatensprache»
Das VBS weist darauf hin, dass Guy Parmelins Muttersprache eine der geläufigen Sprachen der internationalen Diplomatie sei. «So ist Französisch eine der Amtssprachen der Europäischen Union und eine der sechs Amtssprachen sowie neben Englisch Arbeitssprache der Vereinten Nationen», sagt VBS-Sprecher Renato Kalbermatten.
Ausserdem führe Parmelin bilaterale Gespräche mit englischsprachigen Ministern oder Gesprächspartern auf Englisch, einen Dolmetscher habe er keinen. Bei sprachlichen Unsicherheiten würden ihn aber Personen unterstützen, die ihn auf einer Auslandsreise in der Delegation begleiteten.