Streit um «die sieben neuen Weltwunder»
Nächsten Samstag werden in Lissabon «Die Sieben Neuen Weltwunder» bekanntgegeben. Ermittelt wurden sie auf Initiative des Luzerner Millionärs Bernard Weber in einer siebenjährigen Internet-Umfrage.
Vor mehr als 2000 Jahren listete der griechische Dichter Antipatros von Sidon die sieben imposantesten Bauwerke seiner Zeit auf. Von diesen Weltwundern stehen heute nur noch die Pyramiden von Gizeh.
Auch heute mangelt es der Welt an fantastischen Bauten nicht. Doch welches sind die prachtvollsten? «Gefährdete Baudenkmäler können gerettet werden, wenn ihre Schönheit international bekannt gemacht wird», meint der 54-Jährige Weber. Deshalb gründete er 2001 in Zürich die New7Wonders-Stiftung.
«Erste globale Wahl der Welt»
Eine Expertengruppe unter Leitung des früheren UNESCO-Direktors Federico Mayor Zaragoza ermittelte unter den meistgewählten Bauwerken 20 Finalisten, die nun gegeneinander antreten. «Es ist die erste globale Wahl der Welt», sagt Weber. Bislang wurden mehr als 70 Millionen Stimmen abgegeben.
Die Konkurrenz ist hart. Unter den Mitbewerbern sind etwa die Akropolis in Athen, die Chinesische Mauer, der Eiffelturm in Paris, das Taj Mahal im indischen Agra, das Kolosseum in Rom, die Freiheitsstatue in New York oder die Inka-Ruinenstadt Machu Picchu.
«Unsinnig und kindisch»
Die UNESCO als Hüterin des Weltkulturerbes distanzierte sich von der Initiative. Um «jede schädigende Verwechslung» zu vermeiden, stellte die Organisation klar, dass es sich bei der Aktion um eine private Medienkampagne ohne wissenschaftliche Kriterien handele. Ausserdem gebe sie nur die Meinung derer wider, die Zugang zum Internet hätten, bemängelte die UNESCO.
Auch der spanische Kunsthistoriker und frühere Prado-Direktor Francisco Calvo Serraller hält das Ganze für «unsinnig und kindisch». «Mit dieser Methode könnte selbst das Fussballstadion von Real Madrid zu einem Weltwunder erklärt werden.»
Kommerz?
Richtig erbost waren die Ägypter, deren Pyramiden ebenfalls unter den zunächst 21 Finalisten auftauchten. Dies sei absurd, hiess es. Die Proteste waren so gross, dass die Pyramiden schliesslich von Webers Stiftung von der Abstimmung ausgenommen und zum «ewigen Weltwunder» erklärt wurden.
Kritiker warfen dem Schweizer überdies vor, sich bereichern zu wollen, weil abgesehen von der kostenlosen Internet-Wahl auch per kostenpflichtigem SMS oder Telefonanruf abgestimmt werden kann.
Dies sei Unsinn, sagt Weber. Vielmehr habe er aus der eigenen Tasche draufzahlen müssen. Überdies soll die Hälfte der Einnahmen in die Restaurierung alter Baudenkmäler wie etwa die von den Taliban zerstörten Buddha-Statuen von Bamiyan fliessen.
Positive Stimmen
Trotz allem gab es für Weber auch Anerkennung. Die sieben alten Weltwunder standen alle im Mittelmeerraum und in Vorderasien, weil dies die Antipatros bekannte Welt war. Viele Länder vor allem in der Dritten Welt sehen deshalb in der Initiative die Gelegenheit zu einer gerechteren Darstellung ihrer Kultur.
So wurde der Schweizer in vielen der Kandidaten-Ländern wie ein Visionär empfangen und als Staatsgast behandelt. Auch den Reiseveranstaltern dürfte die Aktion mit Blick auf die Vermarktungschancen Freude machen.
Hohe Promi-Dichte
Die Show in Lissabon verspricht gute Unterhaltung. Dabei sein werden die Oscar-Preisträger Ben Kingsley und Hilary Swank oder der Astronaut Neil Armstrong, der als erster Mensch auf dem Mond war.
Für die Musik werden unter anderem Jennifer Lopez, José Carreras und Chaka Khan sorgen. Und Weber hat schon das nächste Projekt im Blick: Er will die sieben Weltwunder der Natur küren. Das dürfte ihn widerum auf Konfliktkurs zur UNESCO bringen. (sda)