Knatsch um LesesäleStudenten kämpfen um Lernplätze in Bibliotheken
Die Berner Studis sind im Lernstress – und kämpfen nicht nur mit dicken Büchern, sondern auch um Lernplätze. Dabei greifen sie zu ungewöhnlichen Methoden.
- von
- Nora Camenisch/Albina Muhtari
An der Uni Bern stehen die Prüfungen bevor. Nun ist ein Knatsch um die Arbeitsplätze ausgebrochen. Denn: Obwohl in den 42 Bibliotheken der Uni insgesamt 2500 Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, herrscht während der Prüfungsphase Platzmangel. Deshalb lassen sich die Studenten allerlei einfallen, um an einen der begehrten Lernplätze zu kommen.
Kollegen öffnen Tür
So etwa Student Fabio: «Man geht einfach irgendwo hin und gibt sich als Student der jeweiligen Fachrichtung aus», verrät er. Als Wirtschaftsstudent hätte Fabio an einem Sonntag auch in der Bibliothek der Uni Tobler eigentlich nichts zu suchen – obwohl hier die meisten Arbeitsplätze leer stehen. Trotzdem haben ausserhalb der Öffnungszeiten nur Studenten der Geisteswissenschaften und nur mit Badge Zutritt zu den Arbeitsplätzen. Für alle anderen bleiben die Türen verschlossen. Doch Fabio weiss sich zu helfen: «Ich habe Freunde, die hier studieren und rauskommen, um mir die Tür zu öffnen», sagt er. «Wenn keiner da ist, warte ich einfach, bis jemand herauskommt und ich hinein kann. Im Winter ist das allerdings mühsam.»
Auch die Jus-Studentinnen Sabrina und Jessi lernen an der Uni Tobler. Die beiden wurden ebenfalls von Freunden eingelassen. «Die Jus-Bibliothek ist zu dieser Zeit total überlastet», so die Begründung der 25-jährigen Sabrina.
«Situation hat sich entschärft»
Bei der Uni weiss man um das Gedränge in der Prüfungsphase. Deshalb habe man auch die Öffnungszeiten kurz vor den Examen ausgeweitet. «Seit der Eröffnung der Bibliothek vonRoll mit 400 zusätzlichen Arbeitsplätzen hat sich die Situation aber spürbar entschärft», sagt Marianne Rubli Supersaxo, Direktorin der Universitätsbibliothek Bern. Für die derzeit geschlossene Zentralbibliothek habe man zudem ein Provisorium mit 80 Plätzen geschaffen. Sobald die Renovation im Frühling 2016 abgeschlossen sei, werde sich die Situation weiter verbessern – dann stehen 300 zusätzliche Plätze zur Verfügung.
Rubli Supersaxo hält fest, dass es verboten sei, Badges unter den Studierenden auszutauschen. «Die Unicard gilt als persönlicher Ausweis und darf nicht weitergegeben werden. Missbräuchlich verwendete Unicards werden eingezogen und gesperrt.»
Zwar sei es nicht grundsätzlich verboten, an fremden Fakultäten zu lernen – sofern kein Badge für den Eintritt verlangt werde, heisst es bei der Uni. «Wir wollen doch einfach nur einen ruhigen Platz zum Lernen», so Student Fabio.