Rassismus: Südafrikaner beantragen Asyl, weil sie weiss sind

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RassismusSüdafrikaner beantragen Asyl, weil sie weiss sind

Ein weisses Paar fürchtet sich in seiner Heimat Südafrika so sehr wegen seiner Hautfarbe, dass es in Kanada einen Asylantrag stellte. Der Richter betrachtet die Furcht als begründet.

Markus Schönherr
Kapstadt
von
Markus Schönherr
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Kapstadt
Naira Nel hat zusammen mit ihrem Mann und ihren Kindern Asyl in Kanada beantragt.

Naira Nel hat zusammen mit ihrem Mann und ihren Kindern Asyl in Kanada beantragt.

Eingeschüchtert oder angegriffen wurden Charl und Naira Nel in Südafrika zwar nie. Dennoch fürchtet sich das weisse Paar in seiner Heimat zunehmend - so sehr, dass es einen Asylantrag für sich und seine Kinder in Kanada stellte. Ein kanadisches Bundesgericht gab nun grünes Licht für die Behörden, den Asylantrag zu überprüfen.

Als Grund nannte die Familie die zunehmende Hetze, die Weisse in Südafrika erlebten. In ihrem Heimatland, von wo die Familie nach eigenen Angaben 2010 floh, drohe ihr Vergewaltigung und Genozid.

«Erschiesst die Weissen»

Der kanadische Richter betrachtete die Furcht als begründet und führte zwei Vorfälle aus den letzten Jahren an: Bei einer Konferenz der südafrikanischen Regierungspartei, African National Congress (ANC), hatte Präsident Jacob Zuma ein Lied aus dem bewaffneten Anti-Apartheid-Kampf gesungen und dabei den Refrain «Shoot the Boer», «Erschiesst die Weissen», angestimmt. Kurz danach hatte Julius Malema, der damalige Führer der ANC-Jugendliga, das Lied erneut gesungen und war von einem südafrikanischen Gericht wegen «Hassrede» verurteilt worden.

Unterdessen gründete Malema seine eigene Partei, die Economic Freedom Fighters (EFF). Im Mai schaffte es diese neue links-radikale Bewegung als drittstärkste Kraft ins Parlament. Geht es nach der EFF, sollen Banken, Minen und Land ohne Entschädigung für den Besitzer verstaatlicht werden. Der regierende ANC hatte sich stets für eine friedliche Umverteilung starkgemacht, doch bis heute, 20 Jahre nach dem Ende der Rassentrennung, bleibt der Grossteil der Wirtschaft in weissen Händen. In der renommierten südafrikanischen Wochenzeitung «Mail and Guardian» warnte die EFF einmal mehr weisse Landbesitzer: «Die Besitzurkunde, die sie in Händen halten, wurde von Dieben ausgestellt. Sie haben Eigentum verkauft, das ihnen selbst nicht gehört.»

Weisse Farmer werden vertrieben

Im benachbarten Simbabwe ist der Traum der EFF bereits Realität geworden. Hier regiert seit 1980 Robert Mugabe, der durch sein «Indigenisierungs-Programm» mindestens die Hälfte der Grosskonzerne an die schwarze Mehrheit verteilen will. Ab 2000 machte der Despot international Schlagzeilen, als seine Schergen die Höfe europäischer Nachfahren besetzten und diese vertrieben. Von den 270'000 weissen Farmern im Jahr 1980 sind heute noch 30'000 übrig.

Mugabe möchte den Reichtum der «Europäer» an «Afrikaner» übergeben, obwohl viele der europäischen Nachfahren schon in der achten Generation am Kontinent leben. «Meine Eltern bezeichneten sich als Europäer. Ich selbst bin eine weisse Afrikanerin», sagt Jayne Cunningham.

Familie zog in den 70er-Jahren nach Südafrika

Die Ärztin aus Kapstadt wuchs in Sambia auf, wo ihre Eltern für einen Bergbaukonzern arbeiteten. In den Siebzigern zog die Familie nach Südafrika. Oft besucht Cunningham ihre Verwandten in Grossbritannien, sie besitzt einen südafrikanischen und einen britischen Pass. Doch damit ist sie eine der wenigen von 4,5 Millionen weissen Südafrikanern, die bis heute in ihr Herkunftsland zurückkehren.

Allen voran die Buren, Nachfahren der Niederländer, Hugenotten und Deutschen, die im 17. Jahrhundert ans Kap kamen, entwickelten ihre eigene Kultur und verloren den Kontakt zu ihrer europäischen Heimat. Sie bezeichnen sich heute als weisse Südafrikaner, weisse Simbabwer, oder weisse Namibier. Der «Times» zufolge sei der Fall der Familie Nel nicht der erste, bei dem weisse Südafrikaner einen Asyl-Antrag im Ausland stellten. Bereits vor sechs Jahren wollte der Südafrikaner Brandon Huntley in Kanada zum Flüchtling werden, doch ein Bundesgericht lehnte sein Gesuch ab. Seit 2006 hätten insgesamt 151 Südafrikaner einen Asyl-Antrag gestellt. 23 davon seien stattgegeben worden.

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