Langstrasse in Zürich: Südeuropäer gehen - Nordeuropäer kommen

Aktualisiert

Langstrasse in ZürichSüdeuropäer gehen - Nordeuropäer kommen

Seit 1990 ist im Zürcher Langstrassenquartier die ausländische Bevölkerung zurückgegangen. Vor allem Menschen aus Südeuropa haben den «Chreis Chaib» verlassen. Derweil hat die Zahl der Nordeuropäer und Schweizer zugenommen.

Wenn diese Tendenzen anhalten, werden die statushohen Nordeuropäer die südeuropäische Bevölkerung als stärkste Gruppe ablösen. Zu diesem Schluss kommt ein am Dienstag veröffentlicher Bericht des Geografischen Instituts der Universität Zürich. Entsprechend könne sich die Charakteristik des Quartiers verändern.

Von einer ausgeprägten, grossflächigen Gentrifizierung mit einer starken baulichen und statusbezogenen Aufwertung könne aber nicht gesprochen werden, heisst es weiter. Der Statusanstieg der Bevölkerung liegt eher in der Bildung als im Einkommen begründet.

Die kumulierte Sozialhilfequote sei im Langstrassenquartier immer noch deutlich höher als in der Gesamtstadt. Auch die Anzahl der Personen mit Kindern hat im Gegensatz zur Gesamtstadt abgenommen.

Verzerrtes Bild

Im Langstrassenquartier ist gemäss dem Bericht speziell zu beachten, dass gewisse Ausländergruppen im öffentlichen Raum stärker wahrgenommen werden, als sie tatsächlich statistisch im Quartier vertreten sind. Dies hänge mit der Gewerbe- und Gastrostruktur zusammen.

Diese habe sich zwischen 1995 und 2005 zugunsten der so genannten Kreativwirtschaft entwickelt. Dazu gehören Jobs in den Bereichen Kunst, Musik, Presse oder Architektur. Diese Entwicklung könne als Tendenz zum Trendquartier gewertet werden, heisst es im Bericht. Allerdings sei diese Entwicklung nicht in allen Gebieten des Quartiers zu beobachten.

Drei Szenarien

Die Autoren des Berichts sind der Ansicht, dass sich das Langstrassenquartier «möglicherweise an einem Scheideweg» befindet. Ein Szenario sieht vor, dass immer mehr besser verdienende Personen zuziehen und das Quartier relativ schnell baulich aufgewertet wird. Dies könnte zu einer sozialen Polarisierung und einem Verlust der baulichen Charakteristik des Quartiers führen.

Demgegenüber steht das Szenario einer erneuten Degradation gegenüber. Dieser Fall könnte eintreten, wenn die Stadt ihre Efforts ins Langstrassenquartier reduzieren würde.

Am wahrscheinlichsten sei aber die Fortsetzung der aktuellen Entwicklung. Es sei weiterhin mit einer langsamen baulichen Aufwertung zu rechnen.

Grundsätzlich zufrieden

Die Stadt Zürich, welche den Bericht in Auftrag gegeben hat, zeigt sich in einer Mitteilung erfreut über «die generelle Aufwertungstendenz». Denn genau darauf ziele das 2001 lancierte Projekt «Langstrasse Plus» ab.

Trotz der insgesamt erfreulichen Entwicklung dürfe nicht vergessen werden, dass sowohl das Rotlichtmilieu als auch die Drogenszene nach wie vor stark im Quartier präsent seien. Die Entwicklung werde dadurch weiterhin beeinflusst. Darum sei das Engagement der Stadt wichtig.

(sda)

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