Rassismus-VorwurfSVP-Flyer sorgt international für Ärger
Die Stadtberner SVP sorgt mit einem Flyer für Aufruhr – bis über die Landesgrenze hinaus. Die Partei sieht das als Kompliment.
- von
- Florian Meier
Eine vollständig verschleierte Muslima ist gerade dabei, ihren Wahlzettel in eine Schweizer Urne zu werfen. Hinter ihr warten andere Ausländer, bis sie an der Reihe sind: ein Schwarzer mit dicken Lippen, ein Araber mit Turban und Bart, ein mit Goldschmuck behängter Herr im Trainer und ein Chinese mit Schlitzaugen und Schnurrbart. Zuhinterst steht ein verzweifelter Mann in Schweizer Tracht, der angesichts der Situation in Angstschweiss ausbricht. Diese Szene zeigt ein SVP-Flyer, der am Dienstag in allen Stadtberner Briefkästen lag. Auf der Zeichnung prangt die Aufschrift: «Keine Sonderrechte für Ausländer.»
Der Flyer sorgt über die Landesgrenze hinaus für Empörung. Auf der amerikanischen Social-Media-Plattform Umgur teilte ein User das Bild mit dem Kommentar «Probably the most deliberately racist politcal ad I've ever seen» («Das wohl rassistischste politische Inserat, das ich je gesehen habe»). Und auch die Reaktionen auf den Post sind eindeutig. Die Schweiz wird als «fremdenfeindlich» bezeichnet und ein User fragt sich: «Switzerland! How could you» («Schweiz, wie konntest du nur»). Selbst ausländische Medien sind auf den SVP-Flyer aufmerksam geworden. Das Newsportal BuzzFeed schreibt mit Verweis auf die Minarett-Iniative, es sei nicht das erste Mal, dass die SVP mit einer rassistischen Kampagne Schlagzeilen mache.
SVP findet Vorwurf «lächerlich»
Doch worum geht es überhaupt? Am 14. Juni stimmen die Bürger der Stadt Bern über eine Ausländer-Motion ab. Diese will, dass sich in Zukunft 200 Ausländer zusammentun und mit einem Vorstoss der Regierung Vorschläge machen können. Mit dem Flyer will die SVP diese Motion bekämpfen. Verantwortlich für die Verteilaktion ist der SVP-Grossrat Thomas Fuchs. Dass einige den Flyer als rassistisch bezeichnen, findet er «lächerlich». Es gehe auf der Zeichnung nur darum, zu zeigen, wer die Ausländer und wer die Schweizer sind. «Die Ausländer werden weder als schlecht noch als gefährlich dargestellt.» Dass die Aktion sogar im Ausland für Aufsehen sorgt, sieht er eher als Kompliment: «Wenn sogar die Ausländer sehen, wer der Schweizer ist und wer der Ausländer, hat der Zeichner eine sehr gute Arbeit gemacht.»
Für Alma Wiecken von der eidgenössischen Kommission für Rassismus sind diese Aussagen «geschmacklos» und «stigmatisierend». Zudem sei der Flyer «irreführend», da er Ausländer an der Urne zeige – doch ums Stimmrecht für Migranten gehe es in der Abstimmung gar nicht. Allerdings sei der Flyer rechtlich gesehen nicht rassistisch, da er nicht gegen die Rassismusstrafnorm des Schweizerischen Strafgesetzbuches verstosse.
Dass das Sujet nicht genau zur aktuellen Abstimmung passt, könnte daran liegen, dass es die SVP lediglich recycelt hat: Die Zeichnung tauchte schon 2010 auf einem Plakat der Jungen SVP auf. Damals stimmten die Berner über ein fakultatives Ausländerstimmrecht auf Gemeindeebene ab.