Aufschrei aus Basel«Testpflicht hätte für die Grenzregion verheerende Folgen»
Sämtliche Schweizer Parteien fordern vom Bundesrat strengere Einreisebestimmungen. In der Grenzregion Basel wehren sich Parteien und Regierungen geschlossen dagegen. Wirtschaft und Gesundheitssystem würden massiv darunter leiden.
- von
- Lukas Hausendorf
- Lea Lozano
Wann darf ich noch nach Deutschland einreisen und unter welchen Bedingungen. 20 Minuten hat im Dreiland den Grenz-Check gemacht.
Darum gehts
In einem gemeinsamen Brief an den Bundesrat forderten am Sonntag sämtliche Schweizer Parteipräsidenten ein strengeres Einreiseregime an den Grenzen.
Demnach sollen Einreisende entweder einen PCR-Test vorlegen oder direkt vor Ort einen Schnelltest machen müssen. Zudem sollen für Einreisende strengere Quarantäneregeln gelten.
Nun spricht sich sowohl die Basler Politik als auch der Oberrheinrat gegen den Vorschlag aus. Die Umsetzung sei laut dem Basler Regierungsrat nicht praktikabel und würde die Wirtschaft schwer treffen.
Sämtliche Schweizer Parteipräsidenten forderten den Bundesrat kürzlich in einem gemeinsamen Brief auf, strengere Einreisebedingungen für Reiserückkehrer und Grenzgänger festzulegen. Einreisende sollen entweder einen PCR-Test vorlegen müssen oder direkt vor Ort einen Schnelltest machen, je nach dem aus welchem Land sie kommen. Das soll grundsätzlich für Menschen aus allen Ländern gelten, sagt Jürg Grossen, GLP-Präsident und Initiator des Briefes. Selbst bei einem negativen Test sollen die Einreisenden eine Quarantäne auf sich nehmen müssen.
In Basel hingegen lehnen alle Parteien diesen Vorschlag klar ab. «Für eine Grenzregion wie Basel hätte ein solches Regime verheerende Folgen», halten sie in einer gemeinsamen Mitteilung fest. Sie verweisen zudem darauf, dass im grenzüberschreitenden Verkehr kaum hohe Ansteckungszahlen festgestellt werden. Tatsächlich weist Basel-Stadt die tiefste 14-Tages-Inzidenz aller Schweizer Kantone aus.
Wie der Basler Regierungsrat am Montag in einer Mitteilung schreibt, seien die verschärften Massnahmen in der Region Basel nicht praktikabel. Der Stadtkanton allein zählt fast 35’000 Grenzgänger, davon sind rund 3500 im Gesundheitswesen tätig. « Der Vorschlag der Parteipräsidien droht deshalb, die Region gerade im Kampf gegen die Pandemie zum Leidwesen der Bevölkerung zu schwächen», heisst es in einer Mitteilung vom Montagabend. «Die vorgeschlagene Testpflicht käme faktisch einer Einreisesperre gleich», so die Regierung.
Testpflicht ist organisatorisch kaum zu bewältigen
Auch Bundesparlamentarier aus beiden Basel äusserten Befremden über die Pläne ihrer Parteispitzen. «Wenn nur ein Drittel der Grenzgänger weiterhin pendelt, hiesse das über 200‘000 Tests pro Woche. Haben wir genügend Tests und Personal?», sorgt sich auch Baselbieter CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter auf Twitter.
Und für ihren Baselbieter Ratskollegen Eric Nussbaumer (SP) ist der Vorschlag schlicht unbrauchbar.
Auch der Oberrheinrat, der sich für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit am Dreiländereck einsetzt, ist überzeugt, dass die verschärften Massnahmen für die Grenzgänger nicht tragbar sind. «Wir appellieren an alle zuständigen Stellen, statt der Wiedereinführung von Kontrollen oder Grenzschließungen gemeinsame und grenzübergreifende Maßnahmen anzustreben und umzusetzen», sagt Ratspräsident Christian von Wartburg. Vertreter des deutschen Bundestags und der französischen Nationalversammlung aus den betroffenen Regionen äusserten «grosse Besorgnis» zu dieser Forderung.
Brief an Guy Parmelin
Regierungskonferenz gegen neue Einreisebeschränkungen
Die Nordwestschweizer Regierungskonferenz der Kantone Aargau, Basel-Stadt, Baselland und Solothurn hat sich am Dienstag in einem Brief an Bundespräsident Guy Parmelin gewandt und eindringlich vor weiteren Verschärfungen der Einreisebestimmungen gewarnt. «Die Nordwestschweiz ist ein trinationaler Wirtschafts- und Lebensraum», betont die Regierungskonferenz. Von den 70’000 Grenzgängern am Oberrhein arbeiteten fast zehn Prozent in Gesundheitsberufen und würden so massgeblich zu einer funktionierenden Gesundheitsversorgung in der Nordwestschweiz beitragen. «Faktische Grenzschliessungen und aufwändige, in der Praxis übrigens kaum praktikable Grenzkontrollen, Testregimes und Quarantäneregeln sind aber keine Lösung», heisst es weiter. Vielmehr müsse der bisher eingeschlagene, erfolgreiche Weg mit situationsgerechten und soweit wie möglich grenzüberschreitend koordinierten Schutzmassnahmen weitergeführt werden.