Ans Gute appelliert: Theologe versucht Sex-Erpresser zu bekehren

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Ans Gute appelliertTheologe versucht Sex-Erpresser zu bekehren

Ein Schweizer Theologe wird in einen Sex-Chat gelockt und danach mit den Nacktbildern erpresst. Er reagiert, indem er die Täter auf den rechten Weg zurückzubringen versucht.

lüs
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lüs
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Eine ihm unbekannte Frau sprach den Theologen Daniel B. auf Facebook an und verwickelte ihn auf Skype in einen Sex-Chat. (Symbolbild)

Eine ihm unbekannte Frau sprach den Theologen Daniel B. auf Facebook an und verwickelte ihn auf Skype in einen Sex-Chat. (Symbolbild)

ZVG
Erst entblösste sie sich - dann brachte sie ihn dazu, dasselbe zu tun. (Symbolbild)

Erst entblösste sie sich - dann brachte sie ihn dazu, dasselbe zu tun. (Symbolbild)

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Danach folgte die böse Überraschung: Ein Erpresser meldete sich bei Daniel B. und verlangte Geld. Andernfalls werde er das Video seinem Umfeld zuschicken. Vergeblich versuchte B., an das Gute im Menschen zu appellieren und ihn davon abzubringen. Dennoch sagt er: «Ich glaube, meine Worte haben ihn schon zum Nachdenken gebracht.» (Symbolbild)

Danach folgte die böse Überraschung: Ein Erpresser meldete sich bei Daniel B. und verlangte Geld. Andernfalls werde er das Video seinem Umfeld zuschicken. Vergeblich versuchte B., an das Gute im Menschen zu appellieren und ihn davon abzubringen. Dennoch sagt er: «Ich glaube, meine Worte haben ihn schon zum Nachdenken gebracht.» (Symbolbild)

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Daniel B.* (32), ein studierter Theologe, fühlte sich am Montagabend nicht besonders gut. «Ich war in einer traurigen Stimmung, machte mir Gedanken über die grossen Fragen des Lebens, habe sogar geheult», sagt er zu 20 Minuten. In dieser Gemütslage erreichte ihn die Facebook-Nachricht einer unbekannten Frau. «Das schien mir wie ein Lichtblick in der Finsternis, ich wollte sie kennen lernen, wissen, was für ein Mensch sie ist.»

Mitgespielt habe, dass die Frau südländisch ausgesehen habe, wie eine Portugiesin oder Brasilianerin – «und solche Frauen gefallen mir». Und auch die Frau schien sich sehr für ihn zu interessieren: «Sie bombardierte mich mit Fragen, wollte wissen, was mein Beruf ist und bei welcher Firma ich arbeite.»

«Sie schuf eine erotische Stimmung»

B. ging auf den Wunsch der Frau ein, das Gespräch vom Facebook-Messenger auf Skype zu verlagern. Per Webcam zeigte sie ihm ihre Brüste, zog sich aus – und konnte ihn dazu bewegen, sie einen Blick auf seinen Penis werfen zu lassen. «Ich war zwar skeptisch, die Gefahr, dass sie das aufnimmt, hatte ich im Hinterkopf. Dennoch hat sie mich dazu gebracht, sie hatte eine sehr erotische Stimmung geschaffen», sagt B. Danach endete die Unterhaltung abrupt.

Und es kam, wie es kommen musste: Der Theologe war, wie viele Hunderte Schweizer Männer in den letzten Jahren, auf die Sextortion-Masche reingefallen. Prompt meldeten sich die Erpresser bei ihm und forderten 5500 Franken. Andernfalls würden sie die Aufnahme, die ihn mit nacktem Unterkörper zeigt, ins Internet stellen und auf den Facebook-Seiten seiner Freunde und Bekannten posten. «Ich werde dein Leben zerstören, deine Karriere ruinieren», teilte ihm der unbekannte Erpresser mit.

«Hör auf dein Herz, denn es weint»

Doch B. glaubt an das Gute im Menschen. Und so entspann sich folgender Dialog:

Daniel B.: Ich verstehe, dass du Geld brauchst, aber glaube mir, das ist für dein Herz kein guter Weg, denn du machst dein Herz nicht glücklich, wenn du solche Dinge tust. Ich mochte die Frau. Ich mag sie noch immer. Ich mag auch dich, denn wir sind alle Brüder und Schwestern.

Erpresser: Halt die Klappe und erfülle meine Bedingungen.

Daniel B.: Warum tust du das? Glaubst du nicht auch, dass wir alle Brüder und Schwestern sind auf diesem Planten? Denk darüber nach, Mann.

Erpresser: Du willst also, dass ich das Nacktvideo an deine Familie und Freunde schicke?

Daniel B.: Das ist deine Sache, Bruder, aber ich gebe dir nicht die Erlaubnis, es irgendwohin zu schicken.

Erpresser: Ich werde ganz böse reagieren und dein Leben ruinieren. Also bleib ruhig und hör mir gut zu, wenn du deine Privatsphäre schätzt. Neben dein Video stelle ich ein Pädophilen-Video, das gesetzlich verboten ist, wenn ich es veröffentliche, gehst du für den Rest deines Lebens hinter Gitter. Ich schwöre dir, ich werde dir die Hölle auf Erden zeigen, also geh auf meine Forderungen ein, damit wir diese Video-Affäre ein für allemal aus der Welt schaffen können, o.k.?

Daniel B.: Ich bitte dich, denk nach über das, was du tust. Es ist kein gutes Geschäft. Es gibt viele Wege, Geld auf faire Weise zu verdienen. Ich bin sicher, du wirst einen Weg finden, der dich glücklicher macht als das, was du jetzt tust. (...) Hör auf dein Herz, denn es weint.

Erpresser: Du willst also, dass ich das Nacktvideo publiziere?

Daniel B.: Ich wünsche dir von Herzen, dass du darüber nachdenkst, was du tust. Es ist nicht richtig. Behandle deine Brüder und Schwestern so, wie du behandelt werden möchtest – und das Glück wird zu dir kommen, die Liebe, das Licht.

Erpresser: Und wenn ich dir sage, dass ich aus guten Gründen mache, was ich tue: Gibst du dann Ruhe und tust, was ich verlange?

Daniel B.: Es gibt keinen einzigen guten Grund dafür, andere Menschen blosszustellen und zu zwingen, dir Geld zu geben.

«Ich habe ihn zum Nachdenken gebracht»

Genützt hat das gute Zureden nichts: Der Erpresser hat B.s Nacktvideo ins Internet gestellt. «Dennoch denke ich, dass ich ihn zum Nachdenken gebracht habe und er vielleicht irgendwann einsieht, dass er sein Seelenheil so nicht findet», sagt der Theologe.

Und sein Appell ans Gute im Menschen bleibt nicht die einzige Reaktion auf die Erpressung: Er wird Anzeige erstatten. «Ich will nicht, dass er auch die Not anderer Männer ausnützt, die in Frauen, die mit ihnen online Kontakt aufnehmen, wie ich einen Lichtblick sehen. Ihnen will ich diese Demütigung ersparen.»

*Name geändert.

20 Minuten führte 2013 einen Chat mit Sex-Betrügern:

Das sollten Sextortion-Opfer tun

Opfern von Sextortion rät die zur Bekämpfung der Internetkriminalität (Kobik) des Bundesamts für Polizei, den Kontakt zu dieser Person sofort abzubrechen und keinesfalls auf die Erpressung einzugehen. Häufig werde nach einer ersten Bezahlung weiter Geld gefordert. Zudem würden die Täter oftmals die Bilder oder Videos trotz Zahlung ins Internet stellen. In einem solchen Fall helfe nur, das Video oder Foto von der entsprechenden Plattform löschen zu lassen.

Hat man bereits gezahlt, kann man beim Polizeiposten am Wohnort Anzeige wegen Erpressung erstatten. Es empfiehlt sich laut Kobik, alle gesammelten Beweismittel wie Kontaktangaben, Printscreens von Chats etc. mitzunehmen. Die Chancen, an die Täter zu gelangen, sind in solchen Fällen aber sehr gering.

Generell rät Kobik, unbekannten Personen übers Internet keine persönlichen Daten preiszugeben und keine intimen Details oder Bilder zukommen zu lassen: Sind diese einmal in fremden Händen, können sie jederzeit irgendwo im Internet auftauchen.

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