Spektakuläre BilderTouristen fotografieren gigantische und kaum bekannte Tiefseequalle
Phantomquallen werden bis zu zehn Meter lang und leben in der Mitternachtszone des Ozeans. Entsprechend selten wurden sie bislang gesichtet. Doch das war einmal: 2022 wurde sie mehrfach von Privatleuten fotografiert.
- von
- Fee Anabelle Riebeling
Darum gehts
Erstmals ist es mehreren Privatleuten gelungen, Fotos von Phantomquallen zu machen.
Das ist eine Sensation, denn bis zum Jahr 2022 wurden die gigantischen Tiere nur sehr selten gesichtet.
Die jüngsten Begegnungen zeigen, dass die Quallen nicht nur wie bisher angenommen in der Tiefsee leben, sondern auch in niedrigerer Tiefe anzutreffen sind.
Möglich machten die Erkenntnis U-Boot-Trips für zahlungskräftige Privatleute.
Solche könnten laut Forschern auch in Zukunft helfen, Wissenslücken zu schliessen.
Phantomquallen der Art Stygiomedusa gigantea tragen ihren Namen nicht ohne Grund: Sie können riesig werden und gelten als grösste ihrer Art. Alleine ihre Schirme können einen Durchmesser von 140 Zentimetern haben. Zudem bringen sie es auf eine Länge von zehn Metern. Die Tiere wiegen bis über 90 Kilogramm. Übersehen kann man sie also kaum. Trotzdem haben bisher nur wenige Menschen ein Exemplar dieser Spezies mit eigenen Augen gesehen – seit ihrer erstmaligen Beschreibung im Jahr 1910 bis zum Jahr 2021 sind gerade einmal 126 Sichtungen dokumentiert.
Im Jahr 2022 änderte sich das mit einem Mal – und zwar drastisch: Allein im Januar kam es zu zwei Sichtungen vor der Küste der antarktischen Rongé-Insel. Im März kam es zu einer weiteren. Zwischen Oktober 2022 bis Januar 2023 wurden weitere sieben gemeldet. Doch nicht nur die Häufung ist bemerkenswert. Besonders ist auch, dass es in diesen Fällen nicht Forschende waren, die den Tieren begegneten, sondern Touristen, wie Nationalgeographic.com schreibt.
Kreuzfahrten mit U-Boot-Ausflügen machen Touristen zu Forschenden
Beides hängt laut Daniel M. Moore miteinander zusammen. Der Meeresbiologe von der englischen Exeter University ist wissenschaftlicher Leiter der Antarktis-Expeditionen der Schweizer Reederei Viking Cruises, in deren Rahmen es zu den unerwarteten Phantomquallen-Sichtungen kam. Denn zu diesen zählen auch Erkundungsfahrten mit privaten Unterwasserbooten. Die in dem Kontext verbreiteten Fotos der Riesenqualle (siehe Bildstrecke) stammen von Mitreisenden.
Im Fachjournal «Polar Research» weist er gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen darauf hin, dass sich durch solche privaten U-Boot-Trips neue Möglichkeiten für die ökologische Forschung ergeben: Es sei vergleichbar mit der Hilfe, die von Hobbytauchern ausgehe, die mit ihren Beobachtungen die Forschung vorantrieben: «Die Tauchboote für Touristen können eine Chance für die biologische Forschung in den Polarregionen sein.» «Citizen-Science» – Bürgerwissenschaft – nennt sich das. Diese kommt auch in anderen Bereichen zum Einsatz.
Wie die Forschenden schreiben, sind die antarktischen Gewässer ab einer Tiefe von 50 Metern nicht gut erforscht, weil entsprechende Expeditionen aufwendig und teuer sind. Abtauchende Privatleute könnten helfen, diese Wissenslücke zumindest ein bisschen zu schliessen. Denn die von ihnen gecharterten U-Boote tauchen auf über 300 Meter. Manche Anbieter gehen sogar noch weiter runter. Einziges Manko: Solche Reisen sind teuer. Sie können mehrere Zehntausend Franken pro Person kosten.
Im November 2021 gelangen Forschenden des Monterey Bay Aquariums in Kalifornien diese einzigartigen Aufnahmen der kaum bekannten Quallenspezies.
Wissenslücke ein bisschen geschlossen, aber nicht komplett
Laut dem Team um Moore liefern die Sichtungen des Jahres 2022 neue Erkenntnisse bezüglich der Ausbreitung und des Habitats der noch weitgehend unbekannten Phantomquallen. Bisher ging man davon aus, dass diese sich in Tiefen von fast 7000 Metern aufhalten, in der sogenannten Mitternachtszone (siehe Box). Doch die letzten Begegnungen fanden in Tiefen zwischen 80 und 275 Metern statt.
Was ist die Mitternachtszone?
Warum? Das lässt sich bislang nur erahnen. Moore vermutet, dass sie entweder die Strömung dorthin treibt oder dass sie sich aktiv der Sonne aussetzen, um Parasiten loszuwerden. Dass Quallen immer näher an den Menschen heran- und in seichte Gewässer vorrücken, kann auch in anderen Gegenden beobachtet werden.
Wäre so ein U-Boot-Trip auch etwas für dich?
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