Prozess in BielTränen bei Prozess gegen falschen Zahnarzt
Ein Zahntechniker aus Biel gab sich jahrelang als Zahnarzt aus. Nun muss er sich wegen Körperverletzung vor Gericht verantworten.

Heute beginnt im Regionalgericht Berner Jura-Seeland der Prozess gegen den Zahntechniker, der sich als jahrelang als Zahnarzt ausgegeben hat.
In Biel hat am Montag der Prozess gegen einen Zahntechniker begonnen. Ihm wird vorgeworfen, mit unsachgemässen zahnärztlichen Behandlungen mehrere Menschen schwer geschädigt zu haben. Zwei Klägerinnen brachen bei der Einvernahme in Tränen aus.
Die erste Klägerin sagte aus, ein erstes Mal habe sie die Praxis des Angeklagten aufgesucht, um von diesem eine Nachtzahnspange zu erhalten. Der Mann habe ihr damals gesagt, nach einer Aus- oder Weiterbildung könne er nun auch zahnärztliche Arbeiten ausführen.
54 Nachbehandlungen
Später bekam die Frau Probleme mit einer bestehenden Zahnbrücke und suchte den Zahntechniker erneut auf. Schliesslich waren sie und ihr Mann mit dem Zahntechniker befreundet. Deshalb vertraute sie ihm. Auch hatte die Praxis auf die Frau beim ersten Besuch einen professionellen Eindruck gemacht.
Schon bei dieser Behandlung erlitt die Frau aber trotz lokaler Betäubung Schmerzen. Und als sie nach der Behandlung beim Bieler Zahntechniker eine Solothurner Zahnarztpraxis aufsuchte, erfuhr sie, dass der Eingriff unsachgemäss erfolgt sei. In der Folge musste sich die Frau nach eigenen Aussagen 54-mal nachbehandeln lassen. Ein Jahr lang habe sie immer wieder Schmerzen gehabt und sei psychisch angeschlagen gewesen: «Am Abend weinte ich jeweils im Bett.»
Auch die zweite Klägerin berichtete – teilweise schluchzend – von ständigen Schmerzen nach einer Behandlung. Eine vom Angeklagten angefertigte Zahnbrücke sei schon nach einem Tag zerbrochen. In der Bieler Praxis sei ihr schliesslich von einem Mann, der offenbar wirklich Zahnarzt sei, eine neue Brücke eingesetzt worden.
Schwere Körperverletzung vorgeworfen
Mehrere unsachgemässe Behandlungen listet die Anklageschrift gegen den mutmasslich falschen Zahnarzt auf. Darin ist auch die Rede von unnötig abgeschliffenen Zähnen, falsch gesetzten Implantaten und Entzündungen. Teilweise seien notfallmässige Reparaturen der Schäden nötig gewesen. Drei schwere Körperverletzungen, eventuell als Versuch oder eventuell als einfache Körperverletzungen zu werten, wirft die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vor. Dazu kommt der Vorwurf von drei einfachen Körperverletzungen, Betrug, eventuell Veruntreuung, Urkundenfälschung und Widerhandlungen gegen kantonale und eidgenössische Gesetze.
In Sachen Betrug geht es vor allem um den Vorwurf, der Angeklagte habe seinen Patienten vorgegaukelt, er sei Zahnarzt. So habe er entsprechende Leistungen geltend machen können. Um sich als Zahnarzt ausgeben zu können, soll der Mann Urkunden gefälscht haben. In der Anklageschrift steht auch, das bernische Kantonsarztamt habe dem Mann 2006 zahnärztliche Eingriffe untersagt. Zudem sei dem Angeklagten schon zuvor die Praxis staatsanwaltschaftlich geschlossen worden. Dennoch habe der Mann weiterhin unerlaubte Arbeiten ausgeführt.
2009 schlug die Bieler Zahnärztegesellschaft wegen des mutmasslich falschen Zahnarzts Alarm. Sie hatte 2007 Strafanzeige eingereicht und ging zwei Jahre später an die Öffentlichkeit, weil der Mann weiterhin Leute behandle. Der Gesellschaft ging es mit den juristischen Verfahren gegen den Mann zu langsam.
Angeklagter bestreitet Vorwürfe
Der Prozess sollte am Montagnachmittag mit weiteren Befragungen von Privatklägern respektive Zeugen fortgesetzt werden. Die Befragung des Angeklagten war für Dienstagmorgen vorgesehen. Der Angeklagte bestreitet nach Angaben des Gerichts die Vorwürfe. Er befindet sich nicht in Haft. Am 6. November will das Gericht das Urteil verkünden.
(sda)