Sabotage vermutet: Über 200 Verletzte bei Zugunglück in Südafrika

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Sabotage vermutetÜber 200 Verletzte bei Zugunglück in Südafrika

Bei einem Zusammenstoss zweier Züge bei Pretoria wurden 19 Passagiere und der Lokführer schwer verletzt. Als Ursache für den schweren Unfall wird ein Kabeldiebstahl vermutet.

Beim Zusammenstoss zweier voll bepackter Pendlerzüge im morgendlichen Berufsverkehr sind in Südafrika am Donnerstag mehr als 200 Menschen verletzt worden. Nach Angaben der Bahngesellschaft fuhr ein Zug beim Einfahren in einen Bahnhof in der Nähe der Hauptstadt Pretoria von hinten auf einen auf demselben Gleis stehenden Zug auf.

Nach Angaben der Behörden wurden 19 Menschen schwer verletzt, unter ihnen der Fahrer des auffahrenden Zuges. Dieser sei mit lebensbedrohlichen Verletzungen per Helikopter in ein Spital gebracht worden, sagte der Sprecher der Rettungskräfte, Johan Pieterse.

Der Lokführer war zunächst noch in seinem Führerhaus eingeklemmt gewesen. Rettungskräfte mussten das Wrack aufschneiden und konnten ihn erst zwei Stunden nach dem Unfall bergen.

Zwischen 200 und 300 Menschen wurden leicht verletzt. Sie wurden in Spitäler in Pretoria gebracht oder noch am Unfallort in Atteridgeville, etwa zehn Kilometer westlich von Pretoria, versorgt. Unter den Verletzten waren laut Pieterse rund 50 Kinder. «Die Züge waren voll mit Menschen auf dem Weg zur Arbeit und zur Schule», sagte er.

Kabeldiebstahl als Unglückursache

Das für die Passagierzüge in Südafrika zuständige Unternehmen Prasa Rail nannte als Unglückursache Kabeldiebstahl. Am Donnerstagmorgen sei der Diebstahl von 25 Metern Kabel des Signalsystems entdeckt worden, sagte Prasa-Rail-Chef Mosenngwa Mofi.

Dadurch hätten die Mitarbeiter der Kontrollzentren in den manuellen Modus wechseln müssen - also den Lokführern per Handzeichen mitteilen, ob die Strecke frei ist. Was dann konkret der Auslöser für den Unfall war, müsse noch geklärt werden, sagte Mofi.

Womöglich seien die Kabeldiebe anders als sonst nicht an dem wertvollen Kupfer interessiert gewesen, fügte Mofi hinzu. Der Firmenchef vermutete streikende Bahnarbeiter hinter der Tat: «Wir haben den starken Verdacht, dass es mit dem derzeitigen Streik zusammenhängt.»

Sabotage nicht ausgeschlossen

Verkehrsminister Ben Martins schloss Sabotage nicht aus und kündigte Ermittlungen an. «Es ist Zeit, Kabeldiebstahl als versuchten Totschlag oder versuchten Mord anzusehen», fügte er hinzu. Dazu führe er Gespräche mit der Polizei und dem Justizministerium. Ausserdem werde geprüft, ob das begehrte Kupfer durch anderes Material ersetzt werden könne.

Die beiden Züge der zu Prasa Rail gehörenden Tochterfirma Metrorail, die den Vorortverkehr bedient, waren unterwegs ins Zentrum von Pretoria. Die Strecke zwischen Kalafong und der Hauptstadt wird täglich von 20'000 Menschen genutzt.

Insgesamt transportieren Südafrikas Vorortzüge jeden Tag mehr als zwei Millionen Vorortbewohner zur Arbeit in die Städte und wieder zurück.

Veraltete Anlagen und Züge

90 Prozent der südafrikanischen Züge sind älter als 50 Jahre, die jüngsten stammen aus dem Jahr 1986. Weil auch die Schienen und Signalanlagen oftmals veraltet sind, kommt es immer wieder zu Unfällen.

Zuletzt hatte es 2011 ein schweres Zugunglück gegeben: Im Township Soweto bei Johannesburg wurden 857 Passagiere verletzt, als ein Passagierzug ebenfalls in einem Bahnhof auf einen stehenden Zug auffuhr.

Im Dezember 2012 hatte die Regierung angekündigt, das veraltete Schienennetz mit Milliardeninvestitionen zu renovieren. Prasa-Chef Mofi hatte damals erklärt, die meisten Pendler reisten in den Zügen «wie Vieh». (sda)

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