Eskalation in der OstukraineUkraine am «Rande eines Bürgerkriegs»
Russlands Präsident Wladimir Putin warnt nach der ukrainischen Militäraktion vor einem Bürgerkrieg in dem osteuropäischen Land. Verfolgen Sie die Lage in unserem News-Ticker.
Erstmals hat die Ukraine auf den prorussischen Aufstand im Osten des Landes mit einer Militäraktion reagiert. Am Dienstag hätten Spezialkräfte an einem Flughafen südlich der Stadt Kramatorsk rund 30 bewaffnete Männer zurückgedrängt, sagte General Vasyl Krutow. Die USA zeigten Verständnis für das militärische Vorgehen. Das russischen Aussenministerium äusserte jedoch scharfe Kritik und rief «internationale Partner» Russlands auf, die Aktion der Regierung in Kiew zu verurteilen.
Über den genauen Hergang der Gefechte am Flughafen von Kramatorsk gab es widersprüchliche Angaben. General Krutow sagte, Kämpfer in grünen Militäruniformen hätten am Dienstagnachmittag eine Einrichtung am Airport zu stürmen versucht. Seine Soldaten hätten die Attacke jedoch abgewehrt. Ein Reporter der Nachrichtenagentur APund ein Kamerateam hörten Geschützfeuer.
Widersprüchliche Meldungen über Tote und Verletzte
Laut der ukrainischen Regierung gab es keine Opfer, russische Medien berichteten jedoch von vier bis elf Toten am Flughafen. Ein Sprecher einer prorussischen Verteidigungsgruppe, Juri Schadobin, sprach von zwei Leichtverletzten, die in eine Klinik gebracht worden seien. Laut der Regierung in Kiew wurde eine nicht näher genannte Zahl von Milizionären gefangen genommen.
Kurz nach der Auseinandersetzung umzingelten Hunderte Anwohner den Airport. Sie reagierten damit auf Gerüchte, wonach Regierungstruppen auch eine Militäroperation in der Stadt Kramatorsk selbst planten. Einige lösten sich aus der Menge und versuchten in einen Stützpunkt am Flughafen einzudringen, woraufhin Soldaten Warnschüsse abgaben. General Krutov kam heraus, um mit den aufgebrachten Demonstranten zu sprechen, wurde jedoch angegriffen. Nach einem Handgemenge flüchtete er auf das Flughafengelände.
Der General hatte von einer Abwehr einer Attacke gesprochen, doch Übergangspräsident Alexander Turtschinow meldete im Kiewer Parlament die Eroberung des Airports. «Ich habe gerade einen Anruf aus der Region Donezk erhalten: Ukrainische Spezialkräfte haben den Flughafen der Stadt Kramatorsk von Terroristen befreit», verkündete er. «Ich bin überzeugt, dass bald keine Terroristen in Donezk und anderen Regionen mehr übrig bleiben werden und sie sich auf der Anklagebank wiederfinden - denn da gehören sie hin.»
«Anti-Terror-Operation»
Stunden zuvor hatte Turtschinow eine «Anti-Terror-Operation» gegen prorussische Separatisten angekündigt, die inzwischen in neun Städten im Osten der Ukraine Regierungs-, Polizei- und Verwaltungsgebäude besetzt halten. Die Aufständischen fordern mehr Autonomie und engere Verbindungen zu Russland. Zu den Militäreinsätzen machte Turtschinow wenige Angaben, erklärte jedoch, sie würden «verantwortungsvoll und ausgewogen» ausfallen, um die «Bürger der Ukraine zu schützen und Terror, Verbrechen und Versuche zu stoppen, unser Land in Stücke zu reissen.»
Das Weisse Haus signalisierte Unterstützung für die neue Linie Kiews. Der Einsatz von Gewalt sei zwar «nicht die bevorzugte Option, erklärte der Regierungssprecher Jay Carney. Aber die Regierung in Kiew habe die Verantwortung, Recht und Ordnung zu schaffen. Die Provokationen im Osten der Ukraine erforderten eine Antwort.
Scharfe Kritik aus Moskau
Moskau verurteilte das ukrainische Vorgehen. Es sei «kriminell, mit den eigenen Landsleuten zu kämpfen, während sie für legale Rechte aufstehen», erklärte das Aussenministerium in Moskau. Ressortchef Sergej Lawrow hatte Kiew zuvor vor dem Einsatz von Gewalt gegen die prorussischen Demonstranten gewarnt. Man könne nicht Panzer schicken und zur selben Zeit Gespräche führen, sagte er mit Blick auf die für Donnerstag in Genf geplanten Verhandlungen mit den USA, der Europäischen Union und der Ukraine über die Krise.
Am Dienstagabend telefonierte Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, um über die Lage in der Ukraine zu sprechen. «Bei aller unterschiedlichen Bewertung der Ereignisse» habe bei dem Gespräch die Vorbereitung des Treffens in Genf im Mittelpunkt gestanden, teilte die stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung, Christiane Wirtz, mit.
Das passierte gestern in der Ukraine:
(sda)