Santos SantanaUkraine-Krieg wird für Zürcher Rapper zum finanziellen Problem
Die Musik des Zürchers Santos Santana wird vor allem in Russland gefeiert. Seit dem Krieg ist Spotify dort nicht mehr verfügbar, was dem Rapper finanzielle Sorgen bereitet.
- von
- Leonie Projer
Darum gehts
Auf Spotify hat Santos Santana über 350’000 Hörerinnen und Hörer pro Monat. Damit überholt der junge Musiker Schweizer Stars wie Loco Escrito (32), Lo & Leduc oder Stress (45). Ganz ohne Musiklabel. Sein meistgestreamter Song «Man Down» wurde mehr als sechs Millionen Mal gehört. Hierzulande spürt man seinen Hype aber kaum. Die Fanbase lebt im Ausland, ein Grossteil davon in Russland.
Für Santana, der am Rande Zürichs aufgewachsen ist und keine Angaben zu seinem bürgerlichen Namen macht, bedeutete das vor kurzem einen Hörerinnen- und Hörer-Einbruch von über 100’000 Personen. Spotify hat aufgrund des Ukraine-Krieges seinen Dienst in Russland eingestellt. Als Grund nannte das schwedische Unternehmen die Sicherheit seiner Mitarbeitenden und Hörerschaft. So bestehe die Gefahr, dass die russische Regierung auf der Plattform Personen verfolge, die westliche Medien und Podcasts konsumierten. Der Entscheid hat finanzielle Folgen für den jungen Künstler: «Ich lebe nur von meiner Musik. Momentan reicht es noch knapp, aber es ist ungewiss, wie lange das noch der Fall sein wird.» Bis jetzt sei sein Verdienst um rund ein Viertel eingebrochen.
Kennst du Santos Santana?
Weshalb er mit seiner Musik gerade Russinnen und Russen abholt? «Es hängt wahrscheinlich mit der postsowjetischen und slawischen Kultur zusammen. Die Musik, die ich von dort kenne, hat eher einen melancholischen Touch und kann gleichzeitig sehr aufbrausend und aufregend sein. Das entspricht meinem Stil», meint er.
Er ist ein Kind der Nullerjahre. Entsprechend früh habe er auf Youtube englischsprachige Musikvideos konsumiert und Gefallen an der Sprache gefunden. Trotzdem sickert die Schweizer Herkunft vereinzelt in Santanas Arbeit durch. Ein Element, womit er die ausländische Hörerschaft verwirre. Nicht alles direkt zu verstehen, vergrössere den Interpretationsspielraum. So trägt ein Song beispielsweise den Titel «Hässig».
Santos Santanas Musik ist hässig
Hässig wirken auch manche seiner Songs. Der Beat ist hart, der Klang dunkel, die Stimme tief. Kein Easy-Listening, dessen sei sich Santana bewusst. Aus künstlerischer Sicht finde er diese Art von Musik aber spannend. Und authentisch. Es gebe schon genug Songs, deren Inhalt Trauer oder Wut wiedergebe und die mit heiterem Sound untermalt seien. So als würden die eigentlichen Gefühle im Song gerade unterdrückt.
Ein Teil seiner Lieder sei von Erlebnissen anderer inspiriert. «Jedes Leben ist in irgendeiner Form kompliziert. Ich höre Menschen gerne zu und versuche, die komplexe Stimmung ihrer Geschichten in meiner Musik zu konservieren, mit dem Anspruch, dabei selbst in diese Stimmung gedrängt zu werden», sagt er und versucht, den erwähnten Anspruch mit der Wirkung eines guten Films zu erklären: «Du schaust einen Film und obwohl du bloss Betrachter bist, hältst du gewisse Szenen fast nicht aus. Du schreist, du weinst, du lachst. Ein Gefühl aus diesem Film überträgt sich für einen Moment in deine Realität. An diesen Punkt möchte ich mit meiner Musik.»
Die Musik begleitet den 23-jährigen Zürcher schon sein ganzes Leben lang. Mit fünf setzte er sich aus Neugierde ans Keyboard und blieb bis heute an den Tasten hängen. Sein Vater habe ihn als Kind an die Musik herangeführt: «Jazz, Klassik, Pop, Rock – ich habe alles gehört, wollte zu allem den Hintergrund wissen», so Santos Santana, der nebenbei Jazz studiert.
Das breite Musikinteresse sei konstant. Privat mache er aus Spass auch allerlei andere Musik für sich. In jeder Stilrichtung gebe es schliesslich mindestens einen Künstler, den er richtig gut finde. Nur weil er hässig gefärbte Songs veröffentliche, mache ihn das nicht zu einem derartigen Typen: «Es ist nicht so, dass ich hässig einschlafe, hässig aufstehe oder hässig auf dem WC sitze. Ganz im Gegenteil, ich bin ein lieber Zeitgenosse», sagt er über sich.
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