SachsenUnbekannte legen Feuer in Asylunterkunft
Pöbeleien gegen Flüchtlinge in Clausnitz, Schaulustige bei einem Brand in Bautzen: Die fremdenfeindlichen Vorfälle in Sachsen alarmieren die deutsche Bundespolitik.
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In Bautzen rückte die Feuerwehr wegen eines Feuers in einem Asylbewerberheim aus. (Quelle: Reuters)
In der Nacht zu Sonntag ist es zu einem weiteren fremdenfeindlichen Vorfall in Sachsen gekommen. In Bautzen brannte ein ehemaliges Hotel, das ab März als Flüchtlingsunterkunft dienen sollte. Alkoholisierte Schaulustige zeigten laut Polizei «unverhohlene Freude» und kommentierten den Brand mit abfälligen Bemerkungen gegen Flüchtlinge.
Die Polizei geht nach ersten Ermittlungen von einer vorsätzlichen Brandlegung aus. In dem Gebäude wurden Spuren eines Brandbeschleunigers entdeckt. Zwei Männer, die laut Polizei die Arbeit der Feuerwehr massiv behinderten und einen Platzverweis nicht befolgten, kamen vorübergehend in Gewahrsam. Erst am Donnerstagabend hatten im sächsischen Clausnitz Anwohner gegen ankommende Flüchtlinge gepöbelt. Videos des Vorfalls, bei dem auch die Polizei in die Kritik geriet, hatten für grosse Empörung gesorgt.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nahm allerdings die Polizei in Schutz. «Ich kann Kritik an diesem Polizeieinsatz nicht erkennen», sagte de Maizière am Sonntagabend im «Bericht aus Berlin» der ARD. Es sei richtig gewesen, die Menschen aus dem Bus zu bringen.
«Abscheulich und widerlich»
«Ich bin entsetzt, dass es in Deutschland wieder zu Szenen kommt, in denen ein Mob applaudiert, weil ein Flüchtlingsheim brennt», erklärte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz. Ein solches Verhalten sei «erbärmlich». Justizminister Heiko Maas erklärte über den Internetdienst Twitter: «Wer unverhohlen Beifall klatscht, wenn Häuser brennen, und wer Flüchtlinge zu Tode ängstigt, handelt abscheulich und widerlich.»
Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben): «Das sind Verbrecher.» Die Vorfälle von Clausnitz und Bautzen seien «erschreckend und schockierend zugleich».
Sachsen ein «failed state»?
CDU-Bundesvize Armin Laschet äusserte sich gegenüber der «Welt» (Montagsausgabe): «In Bautzen und Clausnitz ist die Integration mancher Deutscher in unsere Leitkultur, die für Humanität, Respekt und Anstand steht, gescheitert.» Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, sagte der «Welt», Sachsen müsse aufpassen, dass es sich nicht zu einer Art «failed state», also gescheitertem Staat, in Sachen Rechtsextremismus entwickele.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Monika Lazar sagte der Zeitung, sächsische Landesregierungen hätten seit den 90er Jahren die Lage dramatisch unterschätzt. Deshalb «konnte die Saat von Pegida aufgehen». Die Grünen-Bundestagsfraktion will die Ereignisse in Clausnitz in einer Aktuellen Stunde erörtern. Die stellvertretende Linken-Vorsitzende Caren Lay erklärte, in Sachsen herrsche «Pogromstimmung» gegen Flüchtlinge.
In Clausnitz versammelten sich am Samstagabend rund 100 Menschen zu einer Solidaritätskundgebung für Flüchtlinge. Auf Transparenten forderten sie eine sichere und menschenwürdige Unterbringung von Geflüchteten. Laut Polizei verlief die Demonstration friedlich. (mlr/sda/afp)