Unberechenbare Flugbahn: Darum fliegen Insekten wirklich ins Licht

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Unberechenbare FlugbahnDarum fliegen Insekten wirklich ins Licht

Forschende haben herausgefunden, warum Insekten wirklich in künstliches Licht fliegen. Sie sind sich sicher, dass das Licht bei Insekten eine sogenannte dorsale Lichtreaktion auslöst.

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Künstliche Lichtquellen scheinen Insekten nachts wie magisch anzuziehen.

Künstliche Lichtquellen scheinen Insekten nachts wie magisch anzuziehen.

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Biologen des Imperial College London und der Florida International University haben herausgefunden, dass die Insekten das künstliche Licht als vom offenen Himmel kommend betrachten und sich bei dieser Interpretation entlang einer Auf- und Abwärtsachse orientieren.

Biologen des Imperial College London und der Florida International University haben herausgefunden, dass die Insekten das künstliche Licht als vom offenen Himmel kommend betrachten und sich bei dieser Interpretation entlang einer Auf- und Abwärtsachse orientieren.

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Forschende vermuten, dass das Licht die sogenannte dorsale Lichtreaktion auslöst. Dieser Reflex, den es sowohl bei einigen Fischen als auch bei vielen Insekten gibt, dient den Insekten dazu, herauszufinden, wo oben ist.

Forschende vermuten, dass das Licht die sogenannte dorsale Lichtreaktion auslöst. Dieser Reflex, den es sowohl bei einigen Fischen als auch bei vielen Insekten gibt, dient den Insekten dazu, herauszufinden, wo oben ist.

imago images/blickwinkel

Darum gehts

  • Insekten werden nachts von künstlichen Lichtquellen angezogen.

  • Sie geraten dabei in eine scheinbar unkontrollierte Flugbahn.

  • Laut Forschern ruft die sogenannte dorsale Lichtreaktion dieses Rotationsverhalten hervor, das Insekten nachts in der Nähe von Lichtern gefangen hält.

Während bekannt ist, dass Insekten tagsüber gleichmässig fliegen, wird ihre Flugbahn nachts in Gegenwart von künstlichem Licht völlig unberechenbar. Dass Motten und Insekten von künstlichem Licht angezogen werden, kann jede Nacht beobachtet werden. Aber der Mechanismus, der dahintersteckt, war bisher rätselhaft.

Auch tagaktive Insekten versammeln sich um Lichter

Biologen des Imperial College London und der Florida International University haben herausgefunden, dass die Insekten das künstliche Licht als vom offenen Himmel kommend betrachten und sich bei dieser Interpretation entlang einer Auf- und Abwärtsachse orientieren.

«Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass künstliche Lichter nur vorbeiziehende Insekten einfangen und sie nicht direkt aus grösserer Entfernung anlocken», so Samuel Fabian vom Imperial College London. Bisher war die führende Hypothese, dass Insekten das Licht des Mondes nutzen, um nachts zu navigieren – und künstliche Lichter mit dem Mond verwechseln. Aber diese Idee der himmlischen Navigation erklärt nicht, warum Insekten, die nur tagsüber fliegen, sich auch um Lichter versammeln.

Drei bemerkenswerte Verhaltensweisen

Um herauszufinden, wie sich die Insekten verhalten, filmten Fabian und seine Kollegen sie in freier Wildbahn mit einer Hochgeschwindigkeitskamera und verfolgten auch die Bewegungen anderer Insekten, darunter Libellen und Motten, in einem Gehege genau. Dabei wurden drei bemerkenswerte Verhaltensweisen festgestellt.

Erstens: Wenn Insekten über Lichtern fliegen, drehen sie sich oft um und versuchen, auf dem Kopf zu fliegen, wodurch sie in die Tiefe stürzen. Zweitens: Kurz nachdem die Insekten ein Licht passiert haben, beginnen sie, einen Looping zu fliegen. Wenn ihr Steigwinkel zu steil wird, bleiben sie quasi stehen und beginnen zu fallen. Drittens: Insekten, die sich einem Licht von der Seite nähern, können das Licht umkreisen oder «umrunden».

Die Videos zeigen, dass die Insekten im rechten Winkel zu den Lampen fliegen und nicht direkt auf sie zu. Da jedoch Inversionen und Strömungsabrisse manchmal dazu führen, dass Insekten auf Leuchten fallen, kann es für das blosse Auge so aussehen, als würden sie absichtlich auf die Lichtquelle fliegen.

Allen drei Verhaltensweisen sei gemeinsam, dass die Insekten den Rücken zum Licht hielten, so Fabian und seine Kollegen. Die Forschenden vermuten daher, dass das Licht die sogenannte dorsale Lichtreaktion auslöst (von Lateinisch dorsum «Rücken»). Dieser Reflex, den es sowohl bei einigen Fischen als auch bei vielen Insekten gibt, dient den Insekten dazu, herauszufinden, wo oben ist. Er beruht auf der natürlichen Tatsache, dass auch nachts die hellste Hemisphäre des Gesichtsfeldes oben sein muss.

Schädliche Auswirkungen auf Insekten

Die dorsale Lichtreaktion gebe laut «New Science» eine glaubwürdige Antwort auf eine Frage, die mindestens seit der Römerzeit bestehe, sagt Roy van Grunsven von der Dutch Butterfly Conservation in den Niederlanden. Er hat die Wirkung von künstlichem Licht auf Insekten untersucht. «Die anderen Theorien haben mich nie überzeugt», sagt er.

Da Fabian und seine Kollegen nur untersuchten, was im Umkreis von ein paar Metern um eine Lampe passiert, können sie nicht völlig ausschliessen, dass das Licht auch auf grössere Entfernungen anziehend wirkt. Sie halten dies jedoch für unwahrscheinlich. Sie hoffen nun, dass ihre Forschung dazu beitragen wird, die schädlichen Auswirkungen künstlicher Beleuchtung auf Insekten zu minimieren, die möglicherweise zu ihrem weltweiten Rückgang beitragen. «Die Verringerung heller, nicht abgeschirmter und nach oben gerichteter Lichter könnte die schädlichen Auswirkungen auf fliegende Insekten in der Nacht abmildern», schreiben die Forscher. 

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