Bettlach: Familie zittert bei unter 12 Grad im Schlafzimmer

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Mieterstreit«Wir mussten mit Kappe schlafen» 

Familie A. hatte in ihrer neuen Wohnung in Bettlach SO mit Kälte, Schimmel und mangelhafter Elektronik zu kämpfen. Auf die Mängelrüge reagierten die Vermieter – mit der Kündigung. 

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Im Herbst 2021 wurde es in der Wohnung von Familie A. zunehmend kälter. Das Thermostat zeigte unter zwölf Grad im Schlafzimmer an.

Im Herbst 2021 wurde es in der Wohnung von Familie A. zunehmend kälter. Das Thermostat zeigte unter zwölf Grad im Schlafzimmer an.

J.A.
Nachdem J.A. den Vermietern eine Mängelrüge geschickt hatte, erhielt die Familie die Kündigung.

Nachdem J.A. den Vermietern eine Mängelrüge geschickt hatte, erhielt die Familie die Kündigung.

20min/Anna Bila
Der Experte des Mieterinnen- und Mieterverbandes Deutschschweiz gibt Tipps, wie du deine Mängel am besten meldest.

Der Experte des Mieterinnen- und Mieterverbandes Deutschschweiz gibt Tipps, wie du deine Mängel am besten meldest.

20min/Michael Scherrer

Darum gehts

  • Familie A. stellte in ihrer neuen Wohnung mehrere Mängel fest. 

  • Die Vermieter reagierten erst nach der ersten Mängelrüge – und zwar mit der Kündigung.

  • Zu den Vorwürfen wollten die Vermieter keine Stellung beziehen.

  • Ein Experte des Mieterinnen- und Mieterverbandes Deutschschweiz gibt Ratschläge, was du in so einer Situation tun kannst.

Weniger als 12 Grad Celsius im Schlafzimmer – als Familie A. in ihre neue Wohnung einzog, war sie nicht auf die Tortur vorbereitet, die sie erwartete. 

Im März 2021 bezog die Familie bestehend aus Eltern und Kleinkind die 4,5-Zimmer-Wohnung in einem Haus in Bettlach. Laut J.A.* bemerkten sie kurz nach dem Einzug, dass es in der Wohnung zog. Nach mehrmaligen mündlichen Notizen an die zwei Vermieter sei erst mal nichts passiert. Zudem sei die Sicherung immer wieder rausgesprungen, wenn sie Geräte an die Steckdosen ansteckten. «Unseren Raclette-Ofen mussten wir im Gewerberaum anschliessen», sagt A. «Als wir die Vermieter darauf angesprochen haben, sagten sie, wir sollten einfach kein Raclette essen.» Sie zeigt ein Video, bei dem der Raclette-Ofen über Verlängerungskabel im Keller angesteckt ist. 

«Wir haben mit Kappe geschlafen»

Im Herbst wurde es in der Wohnung zunehmend kälter, das Thermostat zeigte teilweise unter 12 Grad im Schlafzimmer an. «Wir mussten mit Kappe schlafen», sagt A. Die Wohnung sei feucht gewesen und es habe sich Schimmel gebildet. «Meine Tochter erkrankte an einem viralen Infekt, der sehr lange zum Auskurieren brauchte», sagt die 40-Jährige. Der Kinderarzt warnte in einem Schreiben, dass eine zu kalte Wohnung vermehrt zu solchen Luftwegsinfekten führen könne. 

Zusätzlich zu den Mängeln in der Wohnung soll die Familie monatelang Stromkosten bezahlt haben, die nicht die ihren waren: «Uns wurden die Stromkosten des gesamten Hauses in Rechnung gestellt, obwohl wir nur einen Teil des Hauses mieteten», so die Solothurnerin. Auf vermehrte Bitten der Familie, die Mängel in der Wohnung zu beheben und die Stromkosten anzupassen, sei weiterhin nichts passiert. 

Auf die Mängelrüge folgte die Kündigung

Anfang November schickte A. die erste Mängelrüge an die Vermieter. Drei Tage darauf erreichte A. die Kündigung. Der angebliche Grund: Eigenbedarf. Einige Tage später sei die Wohnung jedoch wieder inseriert gewesen.

Mitte Dezember zog die Familie dann freiwillig um – «die Situation war unzumutbar». Der Rechtsstreit mit ihren ehemaligen Vermietern dauert jedoch an. Es sei ein Hin und Her zwischen Schlichtungsbehörde und Friedensrichter. «Ich finde den Prozess sehr nervenzerreissend. Wir haben das Gefühl, wir werden von Stelle zu Stelle verwiesen, aber niemand kann uns wirklich weiterhelfen», sagt A. «Die Vermieter streiten alles ab. Es geht uns darum, dass die Leute gewarnt sind. Für mich ist das Betrug.»

Die Vermieter wollten sich auf Anfrage von 20 Minuten nicht zu den Vorwürfen äussern. «Wir nehmen keine Stellungen zu den falschen Aussagen der anderen Partei», teilten sie schriftlich mit. 

*Name der Redaktion bekannt

11 Grad im Schlafzimmer – was du dagegen unternehmen kannst

Fabian Gloor, Jurist beim Mieterinnen- und Mieterverband Deutschschweiz, gibt Betroffenen folgende Tipps:

  • «Dokumentieren Sie immer alles so gut es geht»: Mängel sollten immer am besten mit Fotos und Videos dokumentiert und gut abgespeichert werden. 

  • «Machen Sie das meiste schriftlich!»: Briefe an den Vermieter oder die Vermieterin sollten immer mit Einschreiben verschickt werden.

  • «Sollte daraufhin nichts passieren, sollten sich Mieter und Mieterinnen noch rechtlich beraten lassen. Lieber einmal zu viel als zu wenig»: Bevor man den Mietzins reduziert oder bei der Schlichtungsbehörde hinterlegt, weil der Vermieter oder die Vermieterin sich nicht zurückmeldet, sollte man sich rechtlich beraten lassen. Der Mieterinnen- und Mieterverband kann hier weiterhelfen und bietet zudem kostenlos Infomaterial auf seiner Website an.

  • «Achten Sie darauf, keine Fristen zu verpassen»: Fristen bei der Schlichtungsbehörde oder beim Gericht müssen immer eingehalten werden. Wenn man zum Beispiel bei einer unrechtmässigen Kündigung die Frist verstreichen lässt, kann man nichts mehr dagegen tun – ungeachtet, ob die Kündigung missbräuchlich ist oder nicht.

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