Tausende Dokumente«USA sollen beten, dass Snowden nichts passiert»
Das Tauziehen um Edward Snowden geht weiter. Ein Journalist droht mit der Enthüllung weit brisanterer Informationen für den Fall, dass dem Ex-Geheimdienstler etwas zustösst.
- von
- pbl

Glenn Greenwald am Sonntag beim Interview mit der Nachrichtenagentur AP.
Das Schicksal von Edward Snowden hängt weiter in der Schwebe. Am Freitag erklärte der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter bei seinem ersten Auftritt auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo, er wolle in Russland Asyl beantragen. Die russische Regierung ist darüber nicht begeistert. Es ist alles andere als sicher, dass sie sein Asylgesuch gutheisst. Präsident Wladimir Putin hatte als Bedingung gestellt, dass Snowden aufhören müsse, weitere Dokumente zu verbreiten und damit den USA Schaden zuzufügen.
Genau damit droht jedoch ein Vertrauter des Whistleblowers. Dieser verfügt offenbar über weit mehr brisantes Material, als bislang bekannt wurde. «Snowden besitzt genügend Informationen, um der US-Regierung innerhalb einer Minute mehr Schaden zuzufügen, als es jede andere Person in der Geschichte der USA jemals getan hat», sagte der Journalist Glenn Greenwald der argentinischen Zeitung «La Nación» vom Samstag.
Auf verschiedene Orte verteilt
Greenwald hatte in der britischen Zeitung «Guardian» Snowdens Enthüllungen zum US-Programm «Prism» zur Überwachung der Telefon- und Internetkommunikation veröffentlicht. Snowden besitzt demnach eine gewaltige Menge an Dokumenten. Tausende habe er auf verschiedene Orte verteilt und so «sichergestellt, dass mehrere Personen weltweit sein Archiv komplett haben», sagte Greenwald weiter. Das sei eine Lebensversicherung für den Whistleblower. Sollte ihm etwas zustossen, würden diese Dokumente veröffentlicht.
«Die US-Regierung sollte jeden Tag hinknien und beten, dass Snowden nichts passiert», sagte Greenwald. Für die Vereinigten Staaten wäre dies «ihr schlimmster Albtraum». Es sei jedoch nicht Snowdens Ziel, diese Dokumente zu veröffentlichen, so Greenwald zu «La Nación». Sein Ziel sei es, die Risiken der Informatikprogramme aufzuzeigen, die Menschen weltweit benutzten, ohne «bewusst akzeptiert zu haben, ihr Recht auf den Schutz des Privatlebens aufzugeben», sagte der Journalist, der weiterhin in Kontakt mit Snowden steht.
Betriebsanleitung der NSA
Edward Snowden verfüge über sehr detaillierte Dokumente zu Arbeitsweise und Struktur des Geheimdienstes NSA sowie dessen umfangreichen Spähprogrammen im Internet und in der Telekommunikation, präzisierte Greenwald seine Angaben am Sonntag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP. Daraus ergebe sich «im Wesentlichen die Betriebsanleitung, wie die NSA strukturiert ist. Wer diese Dokumente lesen würde, würde sehr genau erfahren, was die NSA wie macht.
Nach seiner Auffassung würde eine Veröffentlichung dieser Dokumente nicht die Sicherheit der USA gefährden, relativierte Greenwald seine Drohung. Aber er vermute, sie könnten der US-Regierung schaden. «Ich denke, es wäre schädlich für die US-Regierung und ihre Interessen, wenn die Details dieser Programme enthüllt werden», sagte Greenwald in Rio de Janeiro, wo er wohnt. Er werde demnächst weitere Artikel über «andere inländische Spähprogramme» veröffentlichen. Details wollte Glenn Greenwald nicht nennen.
Snowden bereut nichts
Das Interview mit AP fand nach Angaben Greenwalds vier Stunden nach seiner letzten Interaktion mit Edward Snowden statt. Dieser sei trotz seiner schwierigen Lage ruhig und besonnen. «Ich habe bei ihm nicht ein Jota Reue oder Bedauern oder Angst über die Lage gespürt, in der er ist», sagte der 46-jährige frühere Verfassungs- und Bürgerrechtsanwalt. Er vermeide es, mit Snowden über dessen Asylpläne zu sprechen, um nicht selbst rechtliche Probleme zu bekommen. Snowden sei sich bewusst, dass sich seine Lage dramatisch verschlechtern könnte – «und er hat seinen Frieden damit gemacht». (pbl/sda)