1,5 Meter AbstandVelofahrer demonstrieren gegen Auto-Rowdys
Die Velo-Lobby will, dass Autofahrer mindestens 1,5 Meter Abstand halten müssen, wenn sie Velos überholen. Zur Kontrolle soll die Polizei spezielle Radargeräte anschaffen.
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- daw
Wir haben nachgemessen, mit welchem Abstand Autofahrer Velos überholen. (Video: P. Stirnemann/ E. van der Sman)
Bis jetzt stösst die Forderung beim Bundesrat auf taube Ohren: Während in zahlreichen europäischen Ländern ein seitlicher Abstand von 1 bis 2 Metern beim Überholen von Velos vorgeschrieben wird, lehnt der Bundesrat eine solche Vorschrift ab. Sie wäre kaum zu kontrollieren, schrieb die Regierung im Februar in einer Antwort auf einen entsprechenden Vorstoss von FDP-Nationalrat Rocco Cattaneo. Das Gesetz verlangt heute bloss «ausreichend Abstand».
Am Samstag demonstriert Pro Velo darum für den Mindestabstand. Velofahrer werden mit «Badenudeln» auf dem Gepäckträger – es sind dies Plastikschlangen, wie man sie im Aquafitness braucht – durch Bern fahren. Zugleich wird eine Petition für den Überholabstand lanciert. Die Forderung: mindestens 1 Meter Abstand in verkehrsberuhigten Zonen, 1,5 Meter ab Tempo 50.
Pro Velo ruft nach Messgeräten
Der Verein Pro Velo will damit den Druck auf die Politik erhöhen: «Jeder zehnte Unfall passiert beim Vorbeifahren oder Überholen. Es sind sehr oft schwere Unfälle», sagt Juerg Haener von Pro Velo. Das Problem verschärft sich laut der Lobby-Organisation laufend, da die Autos immer breiter würden.
Das Argument des Bundesrates, ein Mindestabstand sei nicht durchsetzbar, findet Haener schwach. «In unserer hochentwickelten Ära wäre es ein Armutszeugnis, wenn dieser Abstand nicht kontrollierbar wäre.» Im Ausland setze die Polizei bereits Radargeräte ein, die den Abstand beim Überholen messen würden. «Auch ein Neuenburger Ingenieur hat ein Gerät entwickelt, mit dem man den Abstand messen kann.»
Sensibilisierung und Bussen
Im britischen Leeds etwa können Bussen ausgesprochen werden, wenn Autofahrer zu knapp überholen. Auch in Salzburg hat die Verkehrspolizei ein entsprechendes Messgerät angeschafft – obwohl in Österreich wie in der Schweiz der Mindestabstand im Gesetz nicht beziffert wird. Friedrich Schmidhuber von der Salzburger Verkehrspolizei sagt darum: «Bei dem Gerät handelt es sich in erster Linie um ein Mittel, das die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf das Problem des zu geringen Seitenabstandes lenken soll.»
Für den Mindestabstand spricht sich CVP-Nationalrat Thomas Ammann aus: «Eine klare Bestimmung im Gesetz wäre ein Signal an Autofahrer, Rücksicht zu nehmen.» Ihm schwebe eine Busse von 50 bis 60 Franken vor. Es gehe ihm aber nicht darum, die Bussenkasse zu füllen, sondern Autofahrer für das Problem zu sensibilisieren. «Umgekehrt erwarte ich von allen Velofahrern, dass sie sich an die Regeln halten, auf Fussgänger Rücksicht nehmen und bei Rot anhalten.»
Für FDP-Nationalrat Kurt Fluri wäre ein Mindestabstand hingegen «übertrieben»: «Ich bin auch für den Schutz von Velofahrern. Mit einer solchen Vorschrift würden sie aber gegenüber Autofahrern privilegiert, ein flüssiger Gegenverkehr würde vielerorts verunmöglicht.» Fluri bezweifelt, dass die neue Vorschrift die Sicherheit erhöhen würde. «Ob ein Überholen vernünftig ist, hängt unter anderem von der Art der Strasse ab.» Der Autofahrer müsse das situativ entscheiden.