Krieg in LibyenVerbündete verhandeln über Waffenlieferungen
Laut einem Rebellenvertreter verhandeln Frankreich, Katar und Italien mit den Aufständischen über Waffenlieferungen. Derweil flog die NATO neue Angriffe.
Die NATO hat am Mittwoch neue Luftangriffe gegen Stellungen der libyschen Regierungstruppen geflogen. Aus Kreisen des Militärbündnisses wurde ein Angriff auf mindestens einen Munitionsbunker am Rande der Hauptstadt Tripolis bestätigt. Die amtliche libysche Nachrichtenagentur JANA berichtete über Luftangriffe an drei weiteren Orten: in der drittgrössten Stadt Misrata, in Sirte, einer Hochburg von Machthaber Muammar al Gaddafi, sowie in Asisijah, 35 Kilometer südlich von Tripolis.
Der Angriff in Misrata habe in einer «von Bewohnern bevölkerten» Gegend stattgefunden, berichtete JANA. Mohammed Abdullah, ein Aktivist und Professor in Misrata, sagte dagegen, die meisten Bewohner hätten diesen Teil der Stadt schon vor Wochen verlassen, nachdem Gaddafis Truppen ihn gestürmt hätten. «Gaddafis Truppen führen die NATO in die Irre», sagte er. Sie machten Geschäfte zu Waffenlagern und behaupteten dann, dass es sich um Wohngebiete handele, sagte Abdullah.
Gespräche über Waffenlieferungen
In der Rebellenhochburg Bengasi sagte ein Sprecher der Aufständischen, es liefen Verhandlungen über Waffenlieferungen mit Staaten, die den Übergangsrat der Oppositionsbewegung anerkannt haben - Frankreich, Italien und Katar - sowie mit weiteren Staaten. «Ich glaube, es gibt kein Problem, Waffen zu erhalten», sagte Sprecher Abdel-Hafidh Ghoga. Die Aufständischen glaubten, dass sich eine Lösung für den Konflikt nur mit Gewalt herbeiführen lasse. «Es wird keine politische Lösung geben, wenn sie diesem Regime nicht von der internationalen Gemeinschaft aufgezwungen wird», sagte er.
Beim Treffen der Libyen-Kontaktgruppe zur Lösung des Konflikts im nordafrikanischen Land sind bereits Rufe nach einer Bewaffnung der Aufständischen laut geworden. Neben Italien sprach sich am Mittwoch auch das Emirat von Katar dafür aus, den Rebellen eine Bewaffnung zu ermöglichen.
Die vor zwei Wochen bei der internationalen Libyen-Konferenz in London gegründete Kontaktgruppe beriet am Mittwoch in der katarischen Hauptstadt Doha über Wege aus dem gewalttätigen Konflikt zwischen Machthaber Muammar al-Gaddafi und den Aufständischen. Ihr gehören etwa 15 Staaten und internationale Organisationen an.
Am Treffen nahmen auch der britische Aussenminister William Hague, der französische Aussenminister Alain Juppé, sein deutscher Kollege Guido Westerwelle sowie Vertreter der Arabischen Liga und der Vereinigten Arabischen Emirate teil. Das Land ist neben dem Gastgeber Katar der einzige arabische Staat, der sich an dem Militäreinsatz in Libyen beteiligt.
Rebellenbewaffnung diskutiert
Ob man die Rebellen mit Waffen beliefern solle, darüber herrschte allerdings noch Uneinigkeit. «Wir müssen alle möglichen Mittel für ihre Verteidigung bereitstellen», sagte ein Sprecher des italienischen Aussenministeriums in Rom.
Auch der Kronprinz des Gastgeberlandes Katar, Scheich Tamim bin Hamad al-Thani, forderte, das libysche Volk müsse Mittel zu seiner Verteidigung erhalten. Belgien hingegen wandte sich umgehend gegen eine Ausstattung der libyschen Aufständischen mit Waffen. «Die UNO-Resolutionen sehen vor, die Zivilisten zu schützen, nicht, sie zu bewaffnen», sagte der belgische Aussenminister Steven Vanackere.
Mit Blick auf die Differenzen forderte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon die internationale Gemeinschaft auf, beim Thema Libyen «mit einer Stimme» zu sprechen. Zum Abschluss der Konferenz wollten die Teilnehmer ein Dokument verabschieden, in dem die nächsten Schritte zur Lösung des Konflikts in Libyen erörtert werden.
US-Kampfjets greifen an
US-Kampfflugzeuge greifen nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Washington doch weiter Ziele in Libyen an. Pentagon-Sprecher Dave Lapan sagte am Mittwoch in Washington, dass US-Jets im Rahmen der NATO-Mission Angriffe auf Flugabwehrstellungen von Truppen des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi fliegen würden.
Seit der Übergabe des Oberkommandos an die Militärallianz am 4. April seien die Flugzeuge mehrfach an solchen Einsätzen beteiligt gewesen, sagte Lapan.
Die USA hatten nach der Übergabe erklärt, ihre Luftangriffe auf Libyen vorerst zu beenden und nur noch eine unterstützende Rolle zu spielen. Die Kampfflieger würden aber in erhöhter Bereitschaft für etwaige NATO-Anfragen bleiben.
Das Land hatte den Mitte März begonnenen Einsatz zunächst gemeinsam mit Frankreich und Grossbritannien militärisch angeführt.
(sda)
Deutschland weist libysche Diplomaten aus
Die deutsche Regierung hat die Ausweisung von fünf libyschen Diplomaten angeordnet. Die Gesandten sollen Druck auf in Deutschland lebende Landsleute ausgeübt haben. Dem libyschen Botschafter sei am Mittwoch mitgeteilt worden, dass seine Mitarbeiter das Land innerhalb der nächsten sieben Tage verlassen müssen, teilte das Aussenministerium mit.
Der deutsche Verfassungsschutz wirft dem libyschen Auslandgeheimdienst und den Revolutionskomitees seit langem illegale nachrichtendienstliche Aktivitäten in Deutschland vor. Dabei gehe es vor allem um die Bespitzelung von libyschen Oppositionsgruppen. Unter anderem würden die Dienste libysche Asylbewerber mit islamistischem Hintergrund anwerben. Die Betroffenen würden meist mitmachen, weil sie Repressionen gegen in Libyen lebende Familienmitglieder befürchteten, heisst es im Verfassungsschutzbericht 2009.
Die Europäische Union hatte am Dienstag die Sanktionen gegen Libyen verschärft und damit den Druck auf den libyschen Staatschef Muammar al-Gaddafi erhöht. Die Vermögen von 26 Unternehmen und zwei Personen sollen gesperrt werden. Betroffen sind unter anderem elf Energiekonzerne - die letzten Unternehmen der libyschen Gas- und Ölindustrie, die bisher noch keinen Sanktionen unterlagen.