BaselVerleumderischer Tweet gegen Spiess-Hegglin – Journalistin verurteilt
Die Journalistin Michèle Binswanger hat die Netzaktivistin Jolanda Spiess-Hegglin in einem Tweet verleumdet und wurde deswegen am Mittwoch vom Basler Strafgericht verurteilt.

- von
- Lukas Hausendorf ,
- Manuela Humbel
Darum gehts
Wegen eines verleumderischen Tweets musste sich die Tamedia-Journalistin Michèle Binswanger am Mittwoch vor dem Basler Strafgericht verantworten.
Geklagt hatte die ehemalige Zuger Kantonsrätin und Netzaktivistin Jolanda Spiess-Hegglin.
Binswanger ist auch Autorin eines Buchs über die Zuger Landammanfeier, dessen Veröffentlichung Spiess-Hegglin mit juristischen Mitteln zu verhindern versuchte.
Die Tamedia Journalistin Michèle Binswanger und die ehemalige Zuger Kantonsrätin und Netzaktivistin Jolanda Spiess-Hegglin sind bereits seit Jahren miteinander juristisch im Streit. Hintergrund sind die Geschehnisse an der Zuger Landammanfeier vom 20. Dezember 2014. Binswanger veröffentlichte darüber diesen Frühling ein Buch, das Spiess-Hegglin gerichtlich verbieten wollte. Und jüngst bezichtigte Binswanger die Netzcourage-Gründerin einer gezielten und orchestrierten Rufmordkampagne. Am Mittwoch wurde Binswanger nun wegen Verleumdung zum Nachteil von Spiess-Hegglin vom Basler Strafgericht verurteilt. Es bestätigte damit einen Strafbefehl der Basler Staatsanwaltschaft, den Binswanger anfocht.
Grund dafür war ein Tweet, den Binswanger an ihrem Wohnort in Basel am 4. Mai 2020 veröffentlicht hatte. Darin wirft sie Spiess-Hegglin vor, eine grosse Meinungsmacht in der Öffentlichkeit auszuüben und sich proaktiv seit über fünf Jahren dafür zu entscheiden, öffentlich über den Fall zu sprechen und einen Unschuldigen der Vergewaltigung zu bezichtigen. Zu diesem Zeitpunkt war durch die Strafverfolgungsbehörden der Vorwurf der Falschanschuldigung aber schon «abschliessend untersucht und zu Gunsten von Jolanda Spiess-Hegglin untersucht worden», so die Basler Staatsanwaltschaft in ihrem Strafbefehl.
Das Basler Strafgericht bestätigte den Strafbefehl am Mittwoch. Bei der Sanktion erhöhte es die Zahl der Tagessätze der bedingten Geldstrafe gar noch von 45 auf 60 Tagessätze à 200 Franken bei einer Probezeit von zwei Jahren. Zusätzlich muss Michèle Binswanger eine Busse von 1500 Franken bezahlen und der Klägerin eine Parteientschädigung von 13’000 Franken ausrichten.
«Bashing auf neue Ebene gehoben»
Binswanger und ihre Verteidigung machten geltend, die inkriminierten Aussagen in ihrem Tweet würden dem selben Wortlaut entsprechen, wie Passagen in zwei Urteilen des Zuger Obergerichts von 2015 und 2016, in denen es um die Geschehnisse der Zuger Landammanfeier ging. In diesen beiden Urteilen wurde festgehalten, dass Jolanda Spiess-Hegglin mit ihren Aussagen objektiv den Eindruck erwecken könne, Markus Hürlimann habe einen Sexualdelikt begangen und es habe nicht bewiesen werden können.
Zwischen den Aussagen in Binswangers Tweet und der Formulierung in den Urteilen würde jedoch eine grosse Diskrepanz bestehen, sagte Richter René Ernst am Mittwoch. «Die Passagen in den Urteilen können nicht als Freipass verstanden werden.» Einen Eindruck erwecken und jemanden fälschlicherweise als Vergewaltiger zu beschuldigen sei nicht das Gleiche. Vor allem der Teilgegenstand der Anklage, dass Spiess-Hegglin seit über fünf Jahren öffentlich über den Fall sprechen und einen Unschuldigen der Vergewaltigung bezichtigen würde, sei massiv ehrverletzend. Mit diesem Tweet habe Binswanger das Bashing gegenüber Spiess-Hegglin auf eine neue Ebene gehoben.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sie werde vermutlich Berufung einlegen, sagte Binswanger im Anschluss an die Urteilsverkündung.
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