WinterthurVerprügelt und angezündet – «Das ist schon eine sehr spezielle Form der Gewalt»
In Winterthur griff eine Gruppe einen Mann an und zündete ihn an. Ein Experte ordnet den Vorfall ein.
- von
- Lynn Sachs
Ein Mann rempelte am Samstag in einem Bus in Winterthur unbeabsichtigt eine Person aus einer Gruppe an. Daraufhin drängte die Gruppe den 32-Jährigen bei der Bushaltestelle «Waser» auszusteigen und prügelten auf ihn ein. Laut der Kantonspolizei Zürich verspritzte zudem ein Mitglied der Gruppe eine brennbare Flüssigkeit und entzündete diese, sodass das Opfer nebst Prellungen auch Brandverletzungen erlitt. Dirk Baier, Leiter des Instituts für Delinquenz und Kriminalprävention der ZHAW, ordnet den Vorfall ein.
Herr Baier, wie erklären Sie sich diesen Vorfall?
Es handelt sich hier um eine schwere Körperverletzung, die ein hohes Mass an Brutalität zeigt. Aus einem anscheinend nichtigen Anlass hat sich ein solcher Übergriff entwickelt. Möglicherweise spielte eine Rolle, dass die Angreifer in einer Gruppe unterwegs waren und Alkohol und Drogen konsumiert wurde.
Die Polizei sucht Zeuginnen und Zeugen. Was droht den jungen Männern?
Ich bin mir sehr sicher, dass sie gefasst werden. Aus dem Bus liegen eventuell Videoaufnahmen vor, zudem gibt es Zeuginnen und Zeugen im Bus. Die strafrechtliche Aufarbeitung des Vorfalls wird aber sicher eine Weile dauern, weil zwischen Tatpersonen und Mitläufern differenziert werden muss. Letztlich wichtig aus meiner Sicht ist, dass die jungen Männer gefasst und sanktioniert werden – wie genau dies geschehen wird, ist Aufgabe von Staatsanwaltschaft und Gericht.
Wie schätzen Sie die Täter ein?
Junge Männer in einer Gruppe, eventuell unter Alkohol- und Drogeneinfluss, ist bekanntermassen eine typische Konstellation, aus der Gewalt entstehen kann. Gerade der Gruppenkontext kann dazu führen, dass man als junger Mann mitgerissen wird zu Taten, die man allein nicht ausführen würde. Ich denke daher, dass vielleicht nur einige der Männer schon einmal polizeiauffällig gewesen sind, andere hingegen bislang unauffällig waren und in der situativen Dynamik zu Gewalt griffen.
Sind Ihnen ähnliche Fälle bekannt?
Das ist schon eine sehr spezielle Form der Gewalt. Es gibt Fälle, in denen Übergriffe mit einer brennbaren Flüssigkeit geplant wurden, beispielsweise im Bereich der häuslichen Gewalt. Aus dem Bereich der Jugendgewalt ist mir das bislang nicht bekannt. Möglicherweise handelt es sich um Feuerzeugbenzin oder Ähnliches. Dennoch ist es sehr ungewöhnlich, dass man so etwas mit sich trägt. Die Motive hierfür würden mich sehr interessieren, weil sich hier vielleicht auch eine Art Vorsatz erkennen lässt, diese Flüssigkeit mitzuführen, um sie bei passender Gelegenheit auch einzusetzen.
Rechtliche Einschätzung
Bist du oder ist jemand, den du kennst, von sexualisierter, häuslicher, psychischer oder anderer Gewalt betroffen?
Hier findest du Hilfe:
Polizei nach Kanton
Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz
Lilli.ch, Onlineberatung für Jugendliche
Frauenhäuser in der Schweiz und Liechtenstein
Zwüschehalt, Schutzhäuser für Männer
LGBT+ Helpline, Tel. 0800 133 133
Alter ohne Gewalt, Tel. 0848 00 13 13
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Beratungsstellen für gewaltausübende Personen
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