Michèle BinswangerVertrieb springt ab – Recherche zu Zuger Landammannfeier erscheint trotzdem
Die Journalistin Michèle Binswanger präsentiert nach langem Rechtsstreit ihr Buch, das die Sichtweise von Markus Hürlimann aufzeigen soll. Herausgegeben wird es vorerst im Eigenverlag.
- von
- Benedikt Hollenstein
Darum gehts
Gut acht Jahre nach den Geschehnissen an der Zuger Landammannfeier erscheint ein umstrittenes Buch zum Vorfall.
Die Zuger Staatsanwaltschaft untersuchte damals, ob die damalige Grüne-Politikerin Spiess-Hegglin von SVP-Politiker Markus Hürlimann geschändet worden sei – später wurde dieser von dem Vorwurf freigesprochen.
Nach einem langen Rechtsstreit erscheint «Die Zuger Landammann-Affäre» zunächst im Eigenverlag.
Die Journalistin Michèle Binswanger vom «Tages-Anzeiger» lädt am 5. Februar im Zürcher Kaufleuten zur Buchvernissage «Die Zuger Landammann-Affäre» ein. Darin rollt sie die Vorkommnisse an der Landammannfeier im Dezember 2014 auf. Die Buchveröffentlichung war rund zwei Jahre lang verboten, zunächst vom Zuger Kantonsgericht, danach vom Bundesgericht. Binswanger konnte den Prozess am Schluss für sich entscheiden.
Weil das deutsche Unternehmen Tredition, das das Werk eigentlich vertreiben sollte, unlängst eine Abmahnung der Anwälte von Jolanda Spiess-Hegglin erhielt, wird Binswanger das Buch vorerst im Eigenverlag vertreiben. Die ehemalige Schweizer Politikerin Spiess-Hegglin wird durch das Anwaltsbüro von Ralf Höcker vertreten, das in der Vergangenheit bereits für namhafte Klienten wie Jörg Kachelmann und den türkischen Präsidenten Erdogan arbeitete.
Damit ist das juristische Hickhack um das Buchprojekt ein Kapitel reicher: Im Mai 2020 untersagte das Zuger Kantonsgericht zunächst Michèle Binswanger in einer sogenannten «superprovisorischen Verfügung», in ihrem geplanten Buch über Inhalte zu schreiben, welche die Persönlichkeitsrechte und Intimsphäre von Spiess-Hegglin verletzen könnten.
Rechtsstreit durchlief mehrere Instanzen
Ein gutes Jahr später wurde dieses Urteil vom Zuger Obergericht wieder aufgehoben. Während Tamedia, die Arbeitgeberin von Michèle Binswanger, die wie 20 Minuten zur TX Group gehört, den Entscheid damals als «Urteil für die Medienfreiheit» begrüsste, kritisierte Jolanda Spiess-Hegglin in einer Stellungnahme: «Meine Intimsphäre ist nun Allgemeingut, sagt das Gericht.»
Das Bundesgericht verbot dann in seinem Urteil Binswanger vorerst die Publikation von Teilen des geplanten Buches über die Netzaktivistin Jolanda Spiess-Hegglin bis zum definitiven Urteil des Verfahrens. Seit April ist das Verbot aufgehoben Nun wird es also zunächst im Eigenverlag erscheinen – das letzte Wort in dieser Reihe von Rechtsstreitigkeiten dürfte aber noch nicht gesprochen sein.
Ermittlungen 2015 eingestellt
Am 20. Dezember 2014 fand in Zug die Feier zur Ernennung des damaligen Zuger Landammanns statt. Nach der offiziellen Feier kam es zu einem Sexualkontakt zwischen Jolanda Spiess-Hegglin, damals Mitglied des Zuger Kantonsrats, und einem männlichen damaligen Kantonsratsmitglied.
Markus Hürlimann wurde darauf verhaftet und verbrachte eine Nacht im Gefängnis. Danach verlor er sein Amt als Parteipräsident, und Kollegen forderten gar den Ausschluss Hürlimanns aus der SVP. Die Staatsanwaltschaft nahm die Ermittlungen gegen Hürlimann auf. Doch weder die Befragung von Zeugen noch medizinische Untersuchungen oder rechtsmedizinische Gutachten konnten die den Vorwurf eines Sexualdelikts beweisen. Darum wurden die Ermittlungen gegen Hürlimann im August 2015 definitiv eingestellt.
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