Verwahrungsinitiative: Referendum wahrscheinlich
Der Bundesrat beabsichtigt, die Verwahrungsinitiative menschenrechtskonform umzusetzen. Die Initiantinnen werten das als Verwässerung. Sie erwägen ernsthaft das Referendum.
Die Landesregierung will die Gesellschaft besser vor extrem gefährlichen, untherapierbaren Strafttätern schützen, ohne aber die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) zu verletzen. Dabei will sie den Spielraum nutzen, den die am 8. Februar 2004 von Volk und Ständen angenommene Verwahrungsinitiative lässt.
«Wir haben wohl das Optimum erreicht», fasste Justizminister Christoph Blocher am Mittwoch im Bundeshaus die Botschaft der Landesregierung zusammen. Das Risiko einer Konfrontation mit der EMRK sei nicht sehr gross, ergänzte Heinrich Koller, Direktor des Bundesamtes für Justiz.
Kein Überprüfungsautomatismus
Um die EMRK zu respektieren, liess der Bundesrat unter anderem die Möglichkeit einer nachträglichen lebenslänglichen Verwahrung fallen. Einen Überprüfungsautomatismus für lebenslang Verwahrte schliesst er dagegen im Sinne der Initiative aus.
Von Amtes wegen oder auf Gesuch des Betroffenen hin soll aber die kantonale Strafvollzugsbehörde eine Eidg. Fachkommission beauftragen, die lebenslängliche Verwahrung zu überprüfen. Diese Kommission prüft, ob - wie dies der Initiativtext erwähnt - neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur Therapierbarkeit vorliegen.
Die Strafbehörde entscheidet dann über ein Behandlungsangebot. Zeigt die Behandlung, dass die Gefährlichkeit des Täters entscheidend reduziert werden kann, wandelt das Gericht die lebenslange Verwahrung in eine stationäre Behandlung um.
Kritik von allen Seiten
Mit seinem Vorgehen setzt sich der Bundesrat jedoch zwischen Stuhl und Bank: Sowohl die Initiantinnen wie auch Gegner der Vorlage kritisieren die Botschaft. Anita Chaaban, die Präsidentin des Initiativkomitees, zieht nun ernsthaft ein Referendum in Betracht.
«Wir können die Umsetzung unserer Vorlage, wie sie der Bundesrat vorsieht, nicht akzeptieren», sagte Chaaban auf Anfrage. Dass der Bundesrat auf die nachträgliche lebenslange Verwahrung verzichten wolle, bedeute eine weitere Abschwächung der Initiative.
Kritik ganz anderer Art übt der Freiburger Strafrechtler Marcel Niggli. Seiner Ansicht nach beging der Bundesrat einen Fehler, als er die Verwahrungsinitiative für gültig erklärte. Dass die Initiative keinen Überprüfungsautomatismus vorsehe, verstosse gegen die Bundesverfassung und die EMRK.
(sda)