Biel-Coach Schläpfer: Verzweifelte Beschwörung der Einheit

Aktualisiert

Biel-Coach SchläpferVerzweifelte Beschwörung der Einheit

Biel scheitert in Fribourg im Schmetterlings-Stil und verliert 1:4. So wird es nicht möglich sein, die vier Punkte Rückstand auf Kloten wettzumachen.

Klaus Zaugg
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Klaus Zaugg

Ein kurzweiliger, welscher Hockeyabend mit einem bitteren Ende für Biel. Kurzweilig und welsch, weil Eishockey wieder einmal gespielt und nicht gearbeitet worden ist. Bitter für Biel, weil ein Punktgewinn möglich gewesen wäre. Aber herzhafte Checks waren rar wie Haie im Schwarzsee.

Gottérons offensive Tenöre, vor allem jene der ersten Linie, nützten die Gelegenheit, um Biels Operetten-Abwehr im richtigen Moment eine ordentliche Arie zu singen. Bereits nach 44 Sekunden lag die Scheibe zum ersten Mal im Netz von Reto Berra. Doch dieser frühe Gegentreffer eröffnete den Bielern eine einmalige Chance und sie nutzten sie nicht. Gottéron wurde überheblich, vernachlässigte die Defensivarbeit und trachtete nur noch nach dem offensiven Kunststück.

Keine Leidenschaft

Nach Biels Ausgleich schien der Einsturz dieses spielerischen Kartenhauses eine Frage der Zeit. Hätten die Bieler nur ein bisschen engagierter, leidenschaftlicher, bissiger, hartnäckiger, konzentrierter gearbeitet, ihr Spiel besser geordnet, das Forechecking intensiviert und die Abwehr organisiert – sie hätten den Sieg einfahren können.

Aber sie gewährten ihren Gegenspielern immer wieder viel zu viel Raum und Zeit, und so musste der coole Blocker Reto Berra mehr und mehr tanzen und es grenzt fast an ein Wunder, dass es schliesslich nicht mehr als vier Gegentreffer kassierte.

Kurz nach Spielmitte erklangen die spielerischen Arien des ersten Sturms mit Julien Sprunger, Andrej Bykow und Benny Plüss. Sie waren für Biels Lotter-Abwehr was die Posaunen für die Mauern von Jericho: Alles stürzte ein. Zwei Kunstschüsse von Plüss zum 2:1 und zum 3:1 entschieden dieses lüpfige «Hockey de Charme» (total 42:28 Torschüsse) in der minimalen Spanne von 59 Sekunden im Mitteldrittel lange vor der Zeit. Benny Plüss hat nun in 39 Spielen genau gleich viele Tore erzielt (12) wie sein Bruder Martin für den SC Bern.

«Was soll ich denn machen?»

Gottérons Neigung zum kräfteschonenden spielerischen Tingeltangel ist angesichts der komfortablen Tabellenlage und des schweren Spiels heute Abend in Bern logisch und richtig. Aber Biels emotionsloder Auftritt und «Schmetterlingsstil» kommt bei der kritischen Situation überraschend. Trainer Kevin Schläpfer mochte nicht einmal mehr toben oder wenigstens nach dem Match ein wenig schimpfen.

Ja er flüchtete sich in Sarkasmus und musste seine spontanen Aussagen korrigieren und auf zitierbare Sätze zensurieren. «Was soll ich denn machen? Ich bin auf jeden einzelnen Spieler angewiesen. Ich kann doch nicht immer unsere Verteidiger kritisieren wenn wir vorne nur ein Tor erzielen. Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht gegenseitig Vorwürfe machen.»

Es ist die verzweifelte Beschwörung der Einheit und der Rückbesinnung auf das einfache, ehrliche Handwerk für das Spiel heute gegen Davos. Nur jetzt, so kurz vor dem Ziel, nicht auseinander fallen. Immerhin kann Schläpfer ab sofort den von Martigny übernommenen Ryan MacMurchy einsetzen und hat damit ab heute wieder vier Ausländer. Er erhofft sich vom kanadischen Stürmer entscheidende Impulse.

Gottéron braucht den «heiligen Zorn»

Kann Gottéron heute Abend in Bern die Leaderposition zurückholen? Nur, wenn es die Intensität in den Zweikämpfen um 100 Prozent steigern kann. Die grosse, mächtige SCB-Hockeymaschine - der beste Sturm und die stabilste Verteidigung der Liga! – ist in diesen Tagen mit spielerischen Mitteln nicht zu stoppen. Nur wenn Gottéron sein Tempo und seine Kreativität mit dem «heiligen Zorn» aufladen und die Kampfkraft der Vorväter, der Rotzetter, Raemy & Co. finden kann, wird der SCB ins Wanken geraten. Spielt Gottéron so wie gestern gegen Biel, dann wird es in Bern so untergehen wie Biel in Fribourg.

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